Lauterbach fordert mehr Forschung zu Chronischem Fatigue-Syndrom

Der frühere Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine Milliardeninvestition in die Erforschung des Chronischen Fatigue-Syndroms (ME/CFS) gefordert und der Bundesregierung mit Blick auf die Forschung "Staatsversagen" vorgeworfen. Die Koalition von Union und SPD streite derzeit darüber, ob für die Forschung zehn oder 15 Millionen Euro aufgewendet werden sollten, sagte Lauterbach dem Spiegel.

Dies sei jedoch "nicht im Ansatz die Dimension, die für die Therapieforschung nötig wäre", sagte er. "Wir müssten mindestens eine Milliarde Euro investieren", sagte Lauterbach.

ME/CFS ist eine schwere, bislang unheilbare Erkrankung, die Betroffene massiv im Alltag einschränkt. Hauptsymptom ist eine anhaltende Erschöpfung, die durch Ruhe nicht verschwindet und sich nach körperlicher oder geistiger Anstrengung deutlich verschlimmert. Zusätzlich leiden Patientinnen und Patienten häufig unter Muskel- und Gelenkschmerzen, Schlafstörungen, Kreislaufproblemen, kognitiven Einschränkungen wie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie einer insgesamt geringen Belastbarkeit. In schweren Fällen führt ME/CFS zur vollständigen Pflegebedürftigkeit oder Bettlägerigkeit.

Die Ursachen der Erkrankung sind noch nicht abschließend geklärt, doch oft entwickelt sich die Krankheit nach Virusinfektionen, etwa nach einer Coronainfektion. Schätzungen zufolge hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland seit Beginn der Pandemie auf etwa 650.000 verdoppelt.

Lauterbach räumt Versäumnisse ein

Die Summen, die bisher im Haushalt stehen, seien "völlig inakzeptabel", es müsse "dringend nachgebessert werden". Der Bereich sei "unterfinanziert", sagte Lauterbach, der seit Mai den Forschungsausschuss des Bundestags leitet, nach Angaben des Spiegels. "Wir haben den Erkrankten versprochen, dass wir ihnen helfen, haben Forschungsmittel angekündigt. Es passiert aber viel zu wenig."

Auf die Frage, ob er als Gesundheitsminister versagt habe, sagte Lauterbach: "Ich habe auf jeden Fall gekämpft." Zwar seien bundesweit rund 155 Anlaufstellen geschaffen und 150 Millionen Euro für die Versorgungsforschung zu Long Covid bereitgestellt worden – doch das sei zu wenig gewesen. "Natürlich trage ich einen Teil der Verantwortung, dass wir nicht mehr erreicht haben", so Lauterbach.

Als einen zentralen Grund für die schleppende Forschung nannte Lauterbach vor allem wirtschaftliche Interessen: Für die Pharmaindustrie liege ME/CFS in einer "Todeszone". Die Krankheit sei nicht selten genug, um als seltene Erkrankung mit hochpreisigen Medikamenten wirtschaftlich interessant zu sein, aber auch nicht häufig genug, um Massenprodukte zu ermöglichen, sagte er. Erschwerend komme hinzu, dass ME/CFS keine einheitliche Erkrankung sei und kein einzelnes Medikament für alle Betroffenen in Deutschland geeignet wäre.