Pille 65 Jahre nach Markteinführung bei jungen Frauen unbeliebter

Am 18. August 1960 kam die erste Pille in den USA auf den Markt. Mittlerweile ist sie bei jungen Frauen nicht mehr so beliebt als Verhütungsmittel. Im vergangenen Jahr ließen sich nur noch 22 Prozent der unter 22-jährigen Frauen und Mädchen und damit knapp jede Fünfte die Pille zur Empfängnisverhütung verschreiben. Das zeigt eine Analyse der Krankenkasse AOK. 

Zehn Jahre zuvor, im Jahr 2015, lag dieser Anteil noch bei 43 Prozent. Seitdem ist die Quote kontinuierlich zurückgegangen – mit Ausnahme des ersten Corona-Pandemiejahres 2020, als es noch einmal eine leichte Steigerung auf 35 Prozent gegeben hatte. 

Bessere Aufklärung und mehr Gleichberechtigung

Ein Grund kann die in den vergangenen Jahren intensiv geführte Debatte um potenzielle Nebenwirkungen sein. Dazu gehören etwa ein erhöhtes Risiko für Thrombosen und Lungenembolien, Schwindel, Übelkeit und Zwischenblutungen. Depressionen und depressive Verstimmungen können zudem in den ersten Jahren der Einnahme auftreten.

"Junge Frauen informieren sich proaktiver und genauer", sagt Eike Eymers, Ärztin aus dem Stab Medizin der AOK. "Das führt zu einer kritischeren Einstellung gegenüber der Einnahme von Hormonen und zu einer bewussteren Entscheidung für risikoärmere Präparate."

Kondom gewinnt an Bedeutung

Zudem werde Verhütung nicht mehr als alleinige Frauensache angesehen. Befragungen zeigten, dass andere Verhütungsmethoden, insbesondere das Kondom, an Bedeutung gewonnen hätten, erklärte Eymers. Außerdem machten junge Menschen heute häufig erst später sexuelle Erfahrungen als noch vor zehn oder 20 Jahren. "Das heißt, sie befassen sich auch später mit dem Thema", sagte sie.

Für gesetzlich Versicherte unter 22 Jahren übernimmt die Krankenkasse die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel, sodass sich der Trend anhand der Verordnungsdaten gut dokumentieren lässt. Neben der Pille zählen dazu auch Spirale, Vaginalring und Hormonpflaster.

Mehr als 50 Pillen-Präparate in Deutschland

Die erste Pille Enovid wurde 1957 bereits als Mittel gegen Menstruationsbeschwerden zugelassen – jedoch nur für verheiratete Frauen mit mehreren Kindern. Die empfängnisverhütende Wirkung wurde als eine von vielen Nebenwirkungen aufgelistet.

Ab dem 1. Juni 1961 konnte man in Deutschland ein vergleichbares Hormonpräparat unter dem Namen Anovlar kaufen. Mittlerweile sind in Deutschland mehr als 50 verschiedene Pillen-Präparate zur Verhütung zugelassen, sie alle sind verschreibungspflichtig.