Drogenbeauftragter fordert striktere Alterskontrollen auf Social Media
Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck (CDU), ist gegen ein Handyverbot an Grundschulen, aber für striktere Alterskontrollen auf sozialen Netzwerken wie TikTok. "Wenn man sich anschaut, dass 42 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen einen TikTok-Account haben, läuft da etwas aus dem Ruder", sagte Streeck der Zeitung Rheinische Post. Die Plattform sei voll von gefährlichen und bedenklichen Inhalten für Kinder und offiziell erst ab 16 Jahren ohne Zustimmung der Eltern frei nutzbar.
"Die Dosis macht das Gift"
Handyverbote für Grundschüler lösen nach Einschätzung Streecks das Problem eines problematischen Medienkonsums nicht. "Wir wollen ja, dass junge Menschen mit Medien aufwachsen und die Technologien nutzen", sagte der Drogenbeauftragte. Sie seien schließlich aus dem Alltag im digitalen Zeitalter nicht mehr wegzudenken. "Aber die Dosis macht das Gift", fügte er hinzu.
Ab welcher Nutzungsdauer digitaler Medien eine Sucht beginnt, lässt sich laut Streeck pauschal nicht sagen. "Die Frage ist, ob das Kind durch den Medienkonsum in seinen sozialen Kontakten beschränkt wird, ob seine Konzentrationsfähigkeit abnimmt, ob psychische Probleme entstehen", sagte er. Grundsätzlich gelte aber, dass Kinder und Jugendliche während der Coronapandemie deutlich mehr Zeit vor Bildschirmen verbracht hätten als vorher und das Niveau seitdem nur leicht wieder gesunken sei.
Kritik dagegen kommt von Nordrhein-Westfalens Medienminister Nathanael Liminski (CDU). "Es ist aus meiner Sicht völlig weltfremd zu glauben, dass mit einem Social-Media-Pauschalverbot für Jugendliche unter 16 alle Probleme gelöst seien", sagte Liminski der Nachrichtenagentur dpa. Bei solchen Forderungen sehe er erhebliche Zweifel an der rechtlichen Durchsetzbarkeit, der technischen Umsetzbarkeit und der politischen Vermittelbarkeit.
Sozialverband fordert Pflichtschulfach Medienkompetenz
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) macht sich indes für ein verpflichtendes Schulfach Medienkompetenz an allen weiterführenden deutschen Schulen stark. "Wir dürfen Kinder mit den Gefahren der digitalen Welt nicht länger alleinlassen", sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Nicht alle Kinder bekämen vom Elternhaus die nötige Bildung. "Viele sind Desinformation, demokratiefeindlicher Hetze und KI-generierten Inhalten schutzlos ausgesetzt, ohne Anleitung, ohne Einordnung", sagte Engelmeier. Ein neues Schulfach müsse deshalb den kritischen, verantwortungsvollen und datensensiblen Umgang mit digitalen Medien, sozialen Netzwerken und Plattformlogiken vermitteln.
Mehr Schutz vor Alkohol und Vapes
Laut dem RP-Bericht will der Drogenbeauftragte Streeck auch das sogenannte begleitete Trinken in Deutschland wieder abschaffen, wonach 14-Jährige unter Aufsicht ihrer Eltern Alkohol trinken dürfen. "Alkohol wird für Kinder nicht weniger gefährlich, wenn Eltern daneben sitzen", sagte der Suchtbeauftragte. Zuvor hatte bereits die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach eine entsprechende Gesetzesänderung angestoßen. Nahezu kein anderes Land der Welt erlaubt Menschen so früh, legal Alkohol zu konsumieren.
Weitere Gefahren sieht der Suchtbeauftragte in Vapes mit Kaugummigeschmack, die gezielt auf Kinder zugeschnitten sind. Er halte Kinder-Geschmacksrichtungen für Zigaretten für skandalös, sagte Streeck. "Ich werde mich dafür einsetzen, dass so etwas verboten wird", kündigte der Mediziner an.
Cannabisgesetz wird nachgebessert
Auch die Legalisierung von Cannabis gehört nach Ansicht des Drogenbeauftragten auf den Prüfstand. Streeck will erreichen, dass die von der Ampelkoalition beschlossenen Regeln für einen legalen Cannabiskonsum nachgebessert werden. "Das Gesetz muss in jedem Fall stringenter und in sich schlüssig sein. Das ist es im Moment nicht", sagte er der RP.
Unter anderem sieht Streeck den erlaubten Privatbesitz von bis zu drei Cannabispflanzen kritisch. "Damit kann ein kundiger Besitzer mit grünem Daumen etwa ein Kilo Cannabis ernten. Viel zu viel für den Eigenbedarf", sagte er.
Das Cannabisgesetz werde zurzeit evaluiert. Im Herbst sollen die ersten Ergebnisse vorliegen, weitere folgten im nächsten Frühjahr. "Da müssen wir uns einige Zahlen ansehen, etwa die Entwicklung des Schwarzmarkts, Unfallstatistik im Straßenverkehr, Anzahl der Konsumenten, aber auch, ob es eine Zunahme von Cannabis-induzierten Psychosen gibt", sagte der Mediziner.