Herz aus Glas: Blondie-Sängerin Debbie Harry wird 80

Plötzlich war sie wieder überall, diese betörend klare Stimme, die von einer abgezockten Coolness innerhalb weniger Sekunden ins Glockenhell-Himmlische wechseln konnte. „Mariaaaa, you got to see her“, sang Debbie Harry im Jahr 1999 mit dieser unverwechselbaren Leichtigkeit, die die Karriere ihrer Band Blondie mehr als zwei Jahrzehnte zuvor erstmals hatte abheben lassen.

„Maria“ bescherte ihr ein unverhofftes Comeback, das sie dank MTV-Dauerrotation auch bei einem jungen Publikum bekannt machte, das nichts von den legendären Blondie-Anfängen im New York der späten Siebziger und frühen Achtziger wusste.

Wochenende-Newsletter: Für Ihre Auszeit vom Alltag

Entspannen Sie sich – und lassen Sie sich inspirieren: von exklusiven Reportagen, tiefgründigen Analysen und besonderen Kulinarik- und Reisetipps.

Ich bin damit einverstanden, dass mir per E-Mail interessante Angebote des Tagesspiegels unterbreitet werden. Meine Einwilligung kann ich jederzeit widerrufen.

Gegründet 1974 von Debbie Harry und ihrem Partner Chris Stein ging es nach einem respektablen Debütalbum vier Jahre später mit der dritten Platte „Parallel Lines“ geradewegs in Richtung Starruhm. Wie Blondie Girl-Group-Poppigkeit mit einem ruppigen Garagenrock-Sound verbanden, war extrem mitreißend und machte sie zu einem Aushängeschild des New Wave.

Wobei die Gruppe zuerst in England verehrt wurden, bevor das von Harry und Stein geschriebene „Heart of Glass“ auch in den USA ein Hit wurde und ihnen der Mainstreamdurchbruch gelang. Sie mischten die Genres, machten tolle Coverversionen („Hanging On The Telephone“, „Denise“) und brachten mit „Rapture“ den ersten Song mit Rap-Elementen an die US-Chartspitze. Blondie verkauften rund 40 Millionen Alben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Dabei standen die Musiker stets im Schatten ihrer wasserstoffblond gefärbten Sängerin, deren Spitzname ihr Bandname geworden war. Wobei Harrry mit ihrem an Marilyn Monroe angelehnten Look und ihrem selbstbewussten Auftreten einfach auch den größten Glamour verbreitete. Andy Warhol porträtierte sie, später inspirierte sie Madonna und Lady Gaga.

Zur Welt kam die Sängerin am 1. Juli 1945 in Miami. Als sie im Alter von drei Monaten adoptiert wurde, änderten ihre Eltern ihren Namen von Angela Trimble in Deborah Ann Harry. Sie wuchs in New Jersey auf, machte ihren Collegeabschluss und ging Ende der Sechziger nach New York, wo sie sich zunächst als Kellnerin, Sekretärin und Playboy-Bunny durchschlug. Schließlich gelang ihr der Wechsel ins Popgeschäft, wobei die Blütezeit von Blondie nur kurz andauerte: 1982 brachten sie mit „The Hunter“ ein schwaches sechstes Album heraus und lösten sich wenig später auf.

Harry und Stein hatten neben ihrem Drogenkonsum ohnehin bald andere Sorgen: Der Gitarrist wurde schwer krank, sie pflegte ihn jahrelang. 1989 trennten sich die beiden, blieben aber befreundet. Debbie Harry hat auch Soloalben veröffentlicht, die aber ähnlich wie die Werke nach der Blondie-Reunion Ende der Neunziger nie die Strahlkraft des Frühwerks entfalten konnten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Es war trotzdem eine Freude, die Gruppe in den Zehnerjahren noch einmal auf Tour zu erleben, etwa im Berliner Tempodrom, wo Debbie Harry 2014 mit blondem Pagenkopf, Discodirndl und Lamettamanschette am Handgelenk munter umhertänzelte, die Stadt lobte und sich redlich mühte gegen den Matschsound anzusingen. Dass ihre Stimme in den hohen Lagen an Kraft eingebüßt hatte, machte den Auftritt nicht weniger sympathisch.

Mittlerweile hat die Sängerin, die auch in zahlreichen Filmen und Serien mitgespielt hat, keinen Nerv mehr für Konzerte, wie sie der britischen „Times“ zu Jahresbeginn in einem Interview sagte und schob hinterher: „Soll ich jede Nacht ausgehen und feiern?“ Das ist offenbar nicht mehr ihr Ding.

Singen mag Debbie Harry aber noch, auch auf Platte. So hat sie kürzlich mit Andy Bell (Erasure) das Duett „Heart’s a Liar“ eingespielt, ein netter Elektropopsong mit leichtem Blondie-Vibe. Ein neues Blondie-Album könnte es ebenfalls in diesem Jahr noch geben. Chris Stein hat es im vergangenen Jahr angekündigt. Allerdings starb im April Schlagzeuger Clem Burke, der an allen Platten der Band beteiligt war. Das müssen Blondie erstmal verkraften.

„Das Schlimme am Älterwerden ist, dass alle schon weg sind“, sagte Debbie Harry kürzlich in einem Interview. Sie ist noch da und feiert am Dienstag ihren 80. Geburtstag. (mit epd)