Starke Thriller-Serie auf Arte: „Das Attentat – Geheimoperation Belgrad“ zeigt, womit Serbien noch heute kämpft

Der Ministerpräsident ist auf Krücken unterwegs. „Mist, ich werde nie mehr Fußball spielen können“, sagt er zu seiner Frau, die ihm beim Jackett-Anziehen hilft. „Du konntest noch nie Fußball spielen“, antwortet sie.

In diesem unbeschwerten Moment zu Beginn der Serie „Das Attentat – Geheimoperation Belgrad“ ist bereits klar, dass Zoran Đinđić (Dragan Mićanović, Bild oben) nicht nur das Fußballspielen aufgeben muss, sondern bald auch sein Leben verliert. Weniger als vier Wochen später wird der Politiker am 12. März 2003 vor seinem Amtssitz von einem Scharfschützen erschossen.

Die Serie

„Das Attentat – Geheimoperation Belgrad“ von Goran Stanković und Vladimir Tagić. Mit Milica Gojković, Dragan Mićanović, Ljubomir Bandović, Feđa Štukan, Lazar Tasić u.a.

Acht Episoden auf Deutsch oder in OmU, jetzt in der Arte-Mediathek. TV-Ausstrahlung: 24. Juli, 21.40 Uhr.

Wie es dazu kommen konnte und wie die anschließende Aufklärung des Falles aussah, arbeitet die akribisch recherchierte Thriller-Serie von Goran Stanković und Vladimir Tagić auf, die in Serbien auf riesiges Publikumsinteresse gestoßen ist.

Hiesige Zuschauende, die mit den Ereignissen nicht vertraut sind, müssen bei den Schrifttafel-Einblendungen zu Beginn der acht Episoden jeweils genau aufpassen, um die Zusammenhänge zu verstehen. Doch dann entfaltet sich vor ihnen ein beeindruckendes Lehrstück darüber, wie unfassbar schwer es ist, ein kriegerisch-kriminelles Regime zu überwinden – selbst wenn dessen Kopf ans Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ausgeliefert wurde.

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Dafür hatte Zoran Đinđić gesorgt, nachdem Slobodan Milošević im April 2001 festgenommen worden war. Doch die paramilitärische Spezialeinheit JSO unter ihrem Anführer Milorad Ulemek alias Legija (Sergej Trifunović) brachte er nie vollständig unter Kontrolle, im Gegenteil: Die Truppe macht gemeinsame Sache mit einem mafiösen Clan. Ganz zu schweigen von korrupten Strukturen in Geheimdienst, Justiz und Polizei.

Neben Đinđićs Perspektive wird die zwischen den Zeitebenen wechselnde Handlung aus der Sicht von fiktiven Figuren erzählt: die TV-Journalistin Danica, das 19 Jahre alte Clan-Mitglied Uroš sowie die Polizisten Boris und Ljuba. Hier zeigt sich immer wieder, wie tief und schwer entwirrbar die familiären Verstrickungen mit der Vergangenheit sind.

So stößt die allein erziehende Danica während ihrer Recherchen an dieselben Hindernisse, die ihre Journalisten-Mutter einst in den Alkoholismus trieben, und Boris muss feststellen, dass sein schwer kranker Schwiegervater eine hochproblematische graue Eminenz bei der Staatssicherheit war – und weiter Einfluss ausübt.

Der Demokrat und Pro-Europäer Zoran Đinđić hat den Versuch, Serbien aus dem verbrecherischen Klammergriff seiner Vorgänger zu befreien, mit dem Leben bezahlt. Die seit acht Monaten gegen das Regime des einstigen Milošević-Getreuen Aleksandar Vučić protestierenden Studierenden und ihre Verbündeten sind auf seinen Spuren unterwegs.