Comeback von Jimmy Kimmel: „Dieses Land ist so autoritär geworden, dass die Deutschen sagen: Komm zu uns“
Jimmy Kimmels Stimme bricht, als er über Charlie Kirk spricht. „Ich will etwas klarstellen, weil es für mich als Mensch wichtig ist: Es war nie meine Absicht, den Mord an einem jungen Mann herunterzuspielen.“
Über die Rede von Kirks Witwe auf dessen Trauerfeier sagt der Comedian mit Tränen in den Augen: „Erika Kirk vergab demjenigen, der ihren Ehemann erschoss. Das ist ein Beispiel, dem wir folgen sollten. Wenn Sie an die Lehren Jesu glauben, wie ich es tue … Ein selbstloser Akt der Großzügigkeit.“
Der Late-Night-Show-Host ist zurück, nur eine Woche, nachdem seine Sendung abgesetzt worden war. Es ist eine Rückkehr, in der Reue anklingt und Trotz.
Protest an US-Präsident Donald Trump und zugleich das Bemühen um Einigung – nach Tagen, in denen die einen Amerikaner um die Meinungsfreiheit fürchteten und die anderen, angefacht von der Regierung, eine linke terroristische Verschwörung am Werk sahen und in Kimmel ein gerechtes Opfer ihres heiligen Zorns.
Diese Sendung ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass wir in einem Land leben können, das uns erlaubt, Sendungen wie diese zu haben.
Jimmy Kimmel, Late-Night-Moderator
Ein Satz war es vor allem, an dem sich die Wut von Trumps Anhängern entzündete. Nach Kirks Ermordung habe die „Maga-Gang“, also die Bewegung der Unterstützer Trumps, den Täter Tyler R. „verzweifelt als jemanden zu charakterisieren versucht, der nicht einer von ihnen ist, um daraus politisches Kapital zu schlagen“, hatte Kimmel in seiner Sendung am vergangenen Montag gesagt.
Die Eltern von R. waren Republikaner, seine Mutter sagte einige Tage nach der Tat jedoch, dieser sei vor dem Attentat „politischer“ geworden und habe sich stärker um queere und trans Rechte gesorgt.
„Offensichtlich einen schwer gestörten Einzelnen“ nennt Kimmel nun den Täter. Dieser sei „ein kranker Mensch, der glaubte, Gewalt sei eine Lösung”.
Demonstrativ bedankt sich Kimmel bei seinen Unterstützern und „vielleicht am meisten“ bei denen, die seine Überzeugungen nicht teilten, aber trotzdem sein Recht auf freie Rede verteidigten.
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Sogar der republikanische Senator von Texas, Ted Cruz, sonst eine beliebte Zielscheibe Kimmels, hatte am Wochenende Konservative davor gewarnt, die freie Rede einzuschränken. Auch der Trump-nahe Podcaster Joe Rogan distanzierte sich am Dienstag: „Ich denke wirklich nicht, dass die Regierung jemals daran beteiligt sein sollte, zu bestimmen, was ein Comedian in einem Monolog sagen oder nicht sagen kann.“
Wenig versöhnlich, wenn es um Donald Trump geht
„Diese Sendung ist nicht wichtig“, sagt Kimmel in seiner Sendung nun. „Wichtig ist, dass wir in einem Land leben können, das uns erlaubt, Sendungen wie diese zu haben.“ Wenn die Regierung drohe, Comedians zum Schweigen zu bringen, die ihr nicht passen, sei dies antiamerikanisch. Er erhalte Morddrohungen, auch seine Frau, Kinder und Kollegen würden bedroht.
Wenn es um Trump geht, ist der Entertainer weniger versöhnlich. Dieser „versuchte sein Bestes, mich zu canceln. Stattdessen zwang er Millionen von Menschen dazu, die Sendung zu schauen. Das ging schwer nach hinten los. Um davon abzulenken, müsste er vielleicht die Epstein-Unterlagen veröffentlichen.“ Jubel im Publikum.
Auch FCC-Chef Brendan Carr steht im Fokus
Nach öffentlichem Druck hatte der Sender ABC am vergangenen Mittwoch verkündet, Kimmels Show „auf unbestimmte Zeit“ auszusetzen. Vor allem der Vorsitzende der staatlichen Kommunikationskommission FCC, Brendan Carr, hatte Kimmel scharf kritisiert. Viele Republikaner bejubelten ihn, Abweichler Ted Cruz verglich ihn mit einem „Mafioso“.
Noch überraschender als das Ende der Show kam am Montag die Nachricht, dass die Sendung schon diese Woche zurückkehrt. Kimmel habe einige seiner Bemerkungen „zur falschen Zeit geäußert“, erklärte der ABC-Mutterkonzern Disney die Kehrtwende.

© dpa/Randy Holmes
Auch Kimmel selbst sagt dies in seiner Eröffnungsrede. Er sei „nicht glücklich“ gewesen, als seine Sendung aus dem Programm genommen wurde. „Ich habe meine Sicht der Dinge geschildert und sie ihre.“ Dann bedankt er sich bei Disney dafür, die Entscheidung revidiert zu haben. „Wir haben die vergangenen Tage damit verbracht, nachdenkliche Unterhaltungen mit Jimmy zu führen“, hatte das Unternehmen geschrieben.
In Kimmels Fokus steht bei seinem Comeback neben Trump vor allem FCC-Chef Brendan Carr. „Wir können den einfachen oder den schwierigen Weg gehen“, hatte dieser vergangene Woche dem rechten Podcaster Benny Johnson gesagt und von ABC das Aus für Kimmels Show gefordert. Nur wenige Stunden später gab der Sender nach.
Kimmel kommentiert süffisant: „Wenn Sie von einem Mafia-Boss eine solche Drohung hören wollen, müssen Sie ein Mikrofon in einem Feinkostgeschäft verstecken und die ganze Nacht draußen mit einem Aufnahmegerät in einem Van warten. Dieses Genie dagegen sagte das in einem Podcast.“ Carrs Vorgehen sei „ein direkter Verstoß gegen das First Amendment“, also die Garantie auf Meinungsfreiheit.
Ein Gastauftritt von Robert de Niro
Schauspieler Robert de Niro, legendär als Mafiaboss in „Der Pate“, spielt in einer Schalte mit Kimmel einen angeblichen „neuen“ FCC-Vorsitzenden.
„Für mich sieht es so aus, als ob die Kommission Gangster-Methoden nutzt, um freie Rede zu unterdrücken“, sagt Kimmel. „Die Rede ist jetzt nicht mehr frei“, antwortet de Niro. „Sie müssen dafür jetzt pro Wort bezahlen.“ Wenn man darüber spreche, wie schön Trumps Haare säßen, dann sei das gratis. Witze darüber, dass er aufgrund seiner Figur „zwei Sitze im Epstein-Flieger“ brauche, kosteten hingegen „ein paar Finger“. Also solle er, Kimmel, bloß die richtigen Worte wählen, brummt de Niro im Stil eines Paten. „Capice?“

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Nur wenige Stunden vor Ausstrahlung postete Donald Trump auf seinem Netzwerk „Truth Social“ eine kaum weniger verborgene Drohung. Kimmel sei „nicht lustig und gefährdet seinen Sender, indem er zu 99 Prozent demokratischen MÜLL verbreitet“. Schon einmal habe ABC nachgegeben und ihm 16 Millionen Dollar gezahlt. Trumps Anwälte hatten wegen angeblich manipulativer Schnitte in einem Interview mit Kamala Harris im Wahlkampf geklagt, der Sender fügte sich im Januar. „Das hier hört sich sogar noch lukrativer an“, schreibt Trump jetzt.
Zumindest teilweise waren seine Anhänger erfolgreich. Die Medienfirmen Sinclair und Nexstar weigern sich, Kimmels Sendung auszustrahlen. Fast 70 lokale Fernsehstationen in den USA zeigten das Programm nicht. Kimmel nennt die Hauptstadt Washington D. C. sowie Nashville, New Orleans, Portland, Salt Lake City und St. Louis. „Die Familie meiner Frau dort kann nicht zuschauen. Sorry, Tante Sharon, sorry, Tante Marie, ihr müsst auf YouTube gehen.“
Und dann nahm Kimmel tatsächlich noch Bezug auf Stefan Raab, der ihm in der vergangenen Woche öffentlich seinen Sendeplatz – und sein Gehalt – angeboten hatte. In den vergangenen Tagen hätten sich so viele Leute wie noch nie bei ihm gemeldet, sagt Kimmel. Viele hätten ihm den Rücken gestärkt. „Dieser Typ aus Deutschland bot mir einen Job an. Können Sie sich das vorstellen? Dieses Land ist so autoritär geworden, dass die Deutschen sagen, komm zu uns.“