Ausgezeichnete Regisseure lehnen Grimme-Preis ab
Aus Protest gegen die gekappte Ehrung einer jungen Nahostaktivistin haben zwei Preisträger des Grimme Online Awards ihre Auszeichnung ausgeschlagen. Die beiden Regisseure Moritz Riesewieck und Hans Block nahmen am Mittwochabend bei der Gala-Veranstaltung ihren Preis für Netzjournalismus demonstrativ nicht an.
"Wir hoffen auf eine reflektierte Aufarbeitung, damit wir weiter an diesen Preis glauben können. Solange wir das nicht können, stellen wir diesen Preis hierhin und hoffen, uns vielleicht irgendwann wiederzusehen und uns irgendwann wieder richtig zu freuen", sagte Riesewieck und stellte den Preis auf das Rednerpult. Dann verließen beide die Bühne.
Hintergrund ist eine seit Wochen umstrittene Aberkennung einer Ehrung für die Nahostaktivistin Judith Scheytt. Der vom Institut unabhängige Förderverein "Verein der Freunde des Adolf-Grimme-Preises" hatte Scheytt zunächst für ihre medienkritische Beschäftigung mit der deutschen Nahostberichterstattung ausgezeichnet.
Anfang September nahm der Verein die Ehrung nach Kritik und Antisemitismusvorwürfen gegen die Aktivistin aber wieder zurück. Ihre Beiträge stellten auf Instagram eine systematische Verzerrung des Nahostkonflikts dar, hieß es. Teile der Jury widersprachen.
Der Vorwurf des Antisemitismus kam von der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. In der Folge kam es zu heftigen Protesten, die sich auch gegen das Grimme-Institut selbst richteten.
Regisseure werfen Grimme Angriff auf Unabhängigkeit einer Juryentscheidung vor
Regisseur Block bezeichnete die Aberkennung der Ehrung als Angriff auf die Unabhängigkeit einer Juryentscheidung durch Druck von Außenstehenden. Er und Riesewieck sollten einen Preis für ihren Report Eternalyou über KI-generierte Angebote zur fiktiven Kommunikation mit Verstorbenen erhalten.
Grimme-Chefin Çiğdem Uzunoğlu räumte zu Beginn der Veranstaltung ein, die Entscheidung des Vereins zur Aberkennung sei "formal betrachtet ein Fehler" gewesen. Das Grimme-Institut selbst habe auf den Vorgang jedoch keinerlei Einfluss genommen. Die Unabhängigkeit von Jurys werde bei Grimme ohne Ausnahmen respektiert.
Uzunoğlu kündigte an, sie wolle nun eine offene Debatte zu dem Thema führen. Außerdem werde das Institut seine Arbeit in Zukunft ohne den Förderverein fortsetzen. Der Schritt werde auf operativer und logistischer Ebene umgesetzt.
Drei Jurymitglieder hielten an Auszeichnung fest
Scheytt hatte die Antisemitismusvorwürfe zurückgewiesen. Drei der sechs Jurymitglieder hatten ebenfalls an der Auszeichnung festgehalten. Aus Protest gegen die Aberkennung des Preises hatten bereits mehrere Preisträger ihre Auszeichnungen sowohl vom Grimme-Institut als auch vom Förderverein zurückgegeben.
Der Verein wurde 1989 in Marl gegründet und arbeitet unabhängig vom Institut mit einem eigenen Vorstand. Zudem vergibt der Verein den Donnepp Media Award, der früher als Bert-Donnepp-Preis für Medienpublizistik bekannt war. Im kommenden Jahr soll der Award pausieren.