Rettet die Schürze

Die Avantgarde ist wieder feministisch. Und ganz, ganz klassisch links. Ein unmissverständliches Zeichen jedenfalls ist es, das die Fashion Week in Paris am Wochenende in die Welt aussendete: Die legendäre Miuccia Prada, Jahrgang 1949, hat die neue Frühlings- und Sommerkollektion 2026 ihres Labels Miu Miu als Hommage an die arbeitende Frau inszeniert. Die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller führte die Show als Model an, die Haare dunkel getönt, der Blick entschlossen, kämpferisch. Das wichtigste Kleidungsstück, das neue signature piece von Miu Miu: eine blaue, kantig geschnittene Schürze. Als habe Prada Bertolt Brechts blaue Arbeiterjacken und das Design der sowjetischen Konstruktivistinnen aus den 1920er-Jahren wiederentdeckt. Communism is back! Womit Miuccia Prada in gewisser Weise zu ihren eigenen Wurzeln zurückkehrt: Als Studentin war sie in den 1970er-Jahren Mitglied der Italienischen Kommunistischen Partei und engagierte sich in der feministischen Bewegung. Das nach ihrem Spitznamen benannte Zweit-Label Miu Miu – auch das muss man wissen – ist seit einigen Jahren wieder extrem angesagt. Die Verkaufszahlen sind enorm gestiegen, allein im ersten Halbjahr 2025 um fast fünfzig Prozent. Wo Miu Miu draufsteht, ist Zukunft.

In einem kurzen Manifest zu ihrer neuen Kollektion schreibt Prada, dass sie die oft unsichtbare Arbeit (die sogenannte Care-Arbeit) der Frauen ehren wolle. Die Schürze als deren Ausdruck gelte es zu nobilitieren. Arbeit, so Prada, sei ein Zeichen von Unabhängigkeit. Unter der blauen Schürze trug Sandra Hüller übrigens eine Jacke mit lederverstärktem Kragen und eine weite Hose, die man ebenfalls am besten mit dem Begriff work wear umschreiben kann (Jacken kosten bei Miu Miu üblicherweise mehr als 1000 Euro). Andere Models – darunter auch die Künstlerin Florentina Holzinger – zeigten grüne, schwarze, bunt geblümte Schürzen, wie sie Supermarktverkäuferinnen, Putzfrauen und Pflegerinnen tragen. Beeinflusst hätten sie bei dieser Kollektion, sagte Prada, auch die Bilder der ostdeutschen Fotografin Helga Paris – der gerade eine große Ausstellung im Berliner Fotografiska gewidmet ist. Auffallend war Miuccia Pradas Auftritt am Ende ihrer Show. Ausgerechnet sie selbst trug keine Schürze.