Sein Rachedurst scheint ungestillt
Jetzt also auch international. Donald Trump hat die britische BBC auf zehn Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt, weil er deren Berichterstattung über den 6. Januar 2021 als unfair empfindet. Damit weitet der US-Präsident seine Druckkampagne gegen kritische Medien nun auch über die Landesgrenzen der USA aus.
Seine Begründung: Der britische Sender habe in der Dokumentation Trump: A Second Chance? von Oktober letzten Jahres Ausschnitte seiner Rede von jenem Tag, einige Monate nach der verlorenen Wahl, so bearbeitet, dass der Eindruck erweckt werde, er fordere seine Anhänger dazu auf, das US-Kapitol zu stürmen. Tatsächlich wurde er etwa zitiert, wie er bei einer Kundgebung vor dem Weißen Haus zu den Demonstranten "Fight like hell" ("Kämpft wie der Teufel") sagte und sie aufforderte, zum US-Kapitol zu laufen. Der Teil seiner Rede, mit dem er dazu aufrief, friedlich gegen die von ihm als "gestohlen" bezeichnete Wahl zu protestieren, wurde dagegen weggelassen. Die BBC hatte sich dafür bereits im November entschuldigt, um eine juristische Eskalation seitens des US-Präsidenten zu vermeiden. Zudem waren BBC-Generaldirektor Tim Davie und die Nachrichtenchefin Deborah Turness als Reaktion auf die Kritik zurückgetreten. Gebracht hat dem Sender das nichts, wie sich jetzt zeigt. Trumps Rachedurst scheint keineswegs gestillt.
Die Ereignisse von jenem Tag sind wohlbekannt
Ja, der öffentlich-rechtliche Sender hätte diesen zentralen Satz von Trump in der kurz vor der Wahl 2024 gesendeten Dokumentation einfügen müssen. Aber: Wer sich mit der Aufarbeitung des Kapitol-Sturms durch den Untersuchungsausschuss des US-Kongresses beschäftigt hat, weiß, dass Trump sich damals bewusst uneindeutig geäußert hat. Dass er quälend lange Stunden (genau genommen: 187 Minuten) verstreichen ließ, bevor er den gewalttätigen Mob stoppte – obwohl er dessen Wüten live vor dem Fernseher in einem Nebenraum des Oval Office verfolgte. Dass selbst das mehrfache Flehen seiner Tochter Ivanka ihn nicht zu einem früheren Eingreifen bewegen konnte.
An der aufwendigen Arbeit des Untersuchungsausschusses im Repräsentantenhaus waren im Übrigen auch Republikaner beteiligt – und die Aussagen diverser ehemaliger Trump-Mitarbeiter zeichneten ein desaströses Bild präsidialer Verantwortungslosigkeit. Der Abschlussbericht beschreibt den Ablauf und die Vorgeschichte jenes denkwürdigen Tages akribisch – wer wissen will, was damals geschah, kann es nachlesen.
Was stimmt: Die von Trumps Kritikern erhoffte smoking gun – also jene konkrete Aussage oder Tat, mit der Trump glasklar nachgewiesen werden kann, dass er den Angriff geplant und orchestriert hatte, um die Machtübergabe an Joe Biden zu verhindern – war in dem Abschlussbericht nicht zu finden. Aber deutlich wird, wie Trump die Randalierer anheizte. Und sie viel zu lange gewähren ließ.