„Ich höre den Wunsch nach mehr deutscher Verantwortung“

Außenminister Johann Wadephul © dpa

Herr Wadephul, welche außenpolitischen Schwerpunkte möchten Sie in Ihrer Amtszeit setzen?

Ich möchte die deutsche Außenpolitik und damit das Handeln des Auswärtigen Amts konsequent auf die Interessen Deutschlands und Europas ausrichten. Also eine Konzentration auf das Wesentliche. Und das ist aus meiner Sicht die Wahrung unserer Sicherheit, unserer Freiheit und unseres Wohlstandes. Das werden wir nur schaffen, wenn wir mit großem Engagement unsere Partnerschaften weltweit ausbauen. Seit Jahren höre ich bei Gesprächen mit ausländischen Gesprächspartnern immer wieder den Wunsch nach mehr deutscher Verantwortung, mehr Moderation und auch mehr Führung – nicht nur in Europa. Hier will ich ansetzen, denn das ist der Kern des Handwerks der Diplomatie. Und das können die deutschen Diplomatinnen und Diplomaten ganz hervorragend.

Unsere Freiheit und unser Wohlstand in Europa sind heute nicht mehr selbstverständlich oder sicher.
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Angesichts der globalen Umbrüche: Welche Rolle soll Deutschland aus Ihrer Sicht künftig in Europa und der Welt übernehmen?

In der aktuellen Krisenlage, die wir jeden Tag in den Abendnachrichten erleben, brauchen wir eine grundnüchterne Orientierung an unseren Interessen als Deutsche und Europäer. Unsere Freiheit und unser Wohlstand in Europa sind heute, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, nicht mehr selbstverständlich oder sicher. Deswegen sind wir uns mit unseren Partnern und Verbündeten auch so einig, dass wir diese Werte verteidigen und für unsere Freiheit einstehen.

Zu unserer langfristigen Sicherheit gehört, die Ukraine felsenfest zu unterstützen.
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Wie wird die deutsche Außenpolitik einem autoritären Staat wie Russland begegnen? Und wie China?

Auch hier mit klarem Blick für unsere Interessen. In Bezug auf Russland heißt das eben im Moment, dass zu unserer langfristigen Sicherheit gehört, die Ukraine felsenfest zu unterstützen und einen europäischen Beitrag zur Beendigung dieses furchtbaren Krieges zu leisten, den Russland jeden Tag mit äußerster Brutalität führt. Und auch China sagen wir deutlich: Dieser Krieg berührt europäische Kerninteressen. Die Unterstützung der russischen Aggression steht dem entgegen. China hat als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats eine besondere Verantwortung für Frieden in der Welt. Grundsätzlich begegnet uns China weiter als Partner, Wettbewerber und – in letzter Zeit zunehmend – als systemischer Rivale. Daher wollen und müssen wir auch unsere De-Risking-Strategie konsequenter umsetzen.

Wir wollen unsere transatlantische Partnerschaft so weiterentwickeln, dass sie auch künftig attraktiv für beide Seiten ist und dass sie trägt.
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Wie sehen Sie die Zukunft des transatlantischen Verhältnisses?

Unsere transatlantische Partnerschaft beruht auf engen, historisch gewachsenen Beziehungen. Wir haben gemeinsame Erfahrungen, Interessen und auch Werte. Es liegt im Interesse Deutschlands und Europas, aber auch der Vereinigten Staaten von Amerika und Kanadas, dass unser Bündnis fortbesteht. Es hat über Jahrzehnte Frieden, Stabilität und Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks garantiert. Gerade in herausfordernden Zeiten ist dieses gemeinsame Fundament zentral. Eben weil unsere Beziehungen so eng sind, kann man auch klar und selbstbewusst miteinander umgehen und sprechen. Wir wollen diese Partnerschaft so weiterentwickeln, dass sie auch künftig attraktiv für beide Seiten ist und dass sie trägt. Gerade dann, wenn wir in Einzelfragen auch einmal auseinanderliegen.