Drusen verkünden abermalige Waffenruhe mit der syrischen Regierung
Die syrischen Drusen haben erneut eine Waffenruhe mit der Regierung in Damaskus vereinbart. Das sagte der religiöse Führer der Drusen, Scheich Jussef al-Dscharbuh, in einem vom Staatsfernsehen verbreiteten Video. Auch die syrische Regierung bestätigte eine entsprechende Vereinbarung. Laut dem syrischen Verteidigungsministerium gehörte dazu auch der Abzug der syrischen Armee aus der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz.
Das syrische Innenministerium veröffentlichte den Text der Waffenruhevereinbarung, aus dem eine "vollständige und sofortige Einstellung aller Militäreinsätze" hervorgeht. Ein Ausschuss aus Regierungsvertretern und religiösen Anführern der Drusen soll der Vereinbarung zufolge die Umsetzung überwachen. Menschen, die in dem Konflikt gefangen genommen wurden, sollen freikommen, und nach Vermissten soll gesucht werden.
Scheich Jussef al-Dscharbuh verlas die zehn Punkte der Waffenruhevereinbarung im Staatsfernsehen, woraus hervorging, dass "die vollständige Integration der Provinz Suweida in den syrischen Staat" vorgesehen ist. Ein anderer Anführer der Drusen, Scheich Hikmat al-Hidschri, lehnt die Vereinbarung mit der islamistischen Regierung allerdings ab.
Ein früherer, am Dienstagabend verkündeter Waffenstillstand war nach wenigen Stunden gebrochen worden. In den vergangenen Tagen war es im Süden Syriens zu schweren Kämpfen zwischen sunnitischen Beduinen und Drusen gekommen. Insgesamt sollen nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London seit Sonntag mehr als 200 Menschen getötet worden sein. Syrische Regierungstruppen sollen sich dabei teils aktiv auf die Seite der Sunniten gestellt haben.
Grenzübertritte an der syrisch-israelischen Grenze
Zugleich hätten Hunderte drusische Staatsbürger Israels den Norden der israelisch kontrollierten Golanhöhen in Richtung Syrien verlassen, um andere Drusen nach dem Gewaltausbruch im Nachbarland zu unterstützen, berichteten mehrere israelische Medien. Der Grenzübertritt gelang demnach in der Gegend der Stadt Madschdal Schams. Die israelische Armee versuchte, die Personen zurückzubringen. Es handle sich bei dem Grenzübertritt um eine Straftat, die die Soldaten sowie die Öffentlichkeit gefährde. Bereits am Dienstag hatten Dutzende Drusen aus Israel die Grenze zu Syrien überquert. Das israelische Militär brachte sie Berichten zufolge zurück.
Die Gemeinde der religiösen Minderheit in Israel hatte zuvor in einer offiziellen Erklärung alle Drusen dazu aufgerufen, sich auf einen Grenzübertritt vorzubereiten, um ihren "ermordeten Brüdern in Syrien zu helfen". Die Drusen in Israel machen Druck auf die dortige Führung, in den Konflikt im Nachbarland einzugreifen.
Unterdessen hätten "Dutzende Verdächtige" versucht, aus der Umgebung von Hader in Syrien auf israelisch kontrolliertes Gebiet zu gelangen, teilte die israelische Armee mit. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte handelt es sich dabei wohl um syrische Drusen, die in den Golanhöhen Schutz suchen wollten. Hader liegt nur wenige Kilometer Luftlinie von Madschdal Schams entfernt.
Die Golanhöhen sind von Israel völkerrechtswidrig annektiert. Nach dem Sturz des Assad-Regimes übernahm das israelische Militär zudem die Kontrolle über eine 1974 eingerichtete Pufferzone in dem Gebiet. Daneben hat es wiederholt Luftangriffe auf das Land durchgeführt, mit dem sich Israel seit 1948 offiziell im Kriegszustand befindet.
Rubio zeigt sich über israelischen Angriff besorgt
Als Reaktion auf die Angriffe im Süden Syriens hat das israelische Militär nach eigenen Angaben das hochgesicherte Verteidigungsministerium in der syrischen Hauptstadt Damaskus angegriffen. Israel sieht sich als Schutzmacht der religiösen Minderheit der Drusen. Nach Angaben der syrischen Nachrichtenagentur Sana wurden dabei 13 Personen verletzt. Ziel sei der Eingang des militärischen Hauptquartiers gewesen, teilte das israelische Militär mit. Zudem soll es weitere Luftangriffe auf die Umgebung des Mazzeh-Militärflughafens gegeben haben, hieß es aus Kreisen des syrischen Innenministeriums. In dem Gebiet soll sich ein Munitionslager befinden.
US-Außenminister Marco Rubio zeigte sich angesichts der Angriffe besorgt. Auf X teilte er mit, dass sich die verschiedenen Konfliktparteien in Syrien auf konkrete Schritte geeinigt hätten, um die Kämpfe zu beenden. Zuvor hatte er angekündigt, dass die USA mit allen relevanten Parteien im Gespräch seien und hofften, zu einem Ergebnis zu kommen. Ihm zufolge hätten sich die Parteien nun "auf konkrete Schritte geeinigt, die dieser beunruhigenden und schrecklichen Situation noch heute Abend ein Ende bereiten werden".
In Syrien lebten vor dem 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg etwa 700.000 Drusen, die meisten von ihnen in der Provinz Suweida. Die im 11. Jahrhundert aus dem schiitischen Islam hervorgegangene religiöse Minderheit macht etwa drei Prozent der syrischen Bevölkerung aus. Ein Teil der drusischen Gemeinschaft in Suweida fordert Autonomie, andere Vertreter sind offen für eine Integration in die neue syrische Armee. Viele Drusen dienen jedoch auch in Israel freiwillig in der Armee. Zwischen Beduinen und Drusen in Suweida wiederum gibt es schon seit Langem Auseinandersetzungen, die immer wieder in Gewalt münden.