Kanzleramtschef Frei plädiert für nüchterne Debatte über Richterwahl

Im Streit um die gescheiterte Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin hat Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) eine Annäherung der Union angedeutet. "Sie ist in jedem Fall eine fachlich hoch versierte Juristin. Das ist überhaupt gar keine Frage", sagte Frei in der ZDF-Sendung Maybrit Illner. "Und es ist klar, dass bei Verfassungsrichterwahlen man nicht mit jedem einzelnen Thema einverstanden sein muss, das eine Kandidatin oder ein Kandidat hat."

Man arbeite an einer Lösung, die die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Bundestag bekommen werde. "Wir werden natürlich dafür eine Lösung finden", sagte Frei. Man sollte jetzt einen Schritt zurücktreten, auf die Szenerie schauen und "ganz nüchtern nach Lösungsräumen suchen", sagte der CDU-Politiker.

Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) sagte in der Sendung, ihre Partei werde an Brosius-Gersdorf festhalten. "Wir bleiben standhaft", sagte sie. Die SPD habe die Staatsrechtlerin nicht umsonst vorgeschlagen. "Sie ist eine hervorragende Juristin und wir stehen hinter ihr", sagte Hubertz. Man müsse an den Tisch zurückkehren und miteinander sprechen. Nach der Sommerpause werde man schauen, wie es weitergeht. 

CSU spricht sich für neue Kandidaten aus

Zuletzt hatte die CSU im Streit um die Besetzung für ein neues Personalpaket plädiert. Dieses könne "aus komplett neuen Namen" bestehen, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann. Damit signalisierte er auch die Bereitschaft, den Unionskandidaten Günter Spinner auszutauschen. 

Die SPD lehnte den Vorschlag der CSU ab. Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hatte am Wochenende im Gespräch mit der Bild am Sonntag gefordert, die Wahl der bisherigen Kandidaten solle so wieder auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt werden.

Bei den Grünen stieß der Vorschlag der CSU ebenfalls auf Kritik. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge wertete den Vorstoß als "Gipfel der Respektlosigkeit" den bereits nominierten Kandidatinnen und Kandidaten gegenüber. "Ich frage mich, wer sich in Zukunft überhaupt noch zur Wahl stellen soll, wenn CDU und CSU ihre Zustimmung derart willkürlich zurückziehen", sagte sie. "Das ist auch ein Schaden für den Deutschen Bundestag."

Die Wahl von Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin war nach Widerstand innerhalb der Unionsfraktion gescheitert. Entgegen vorheriger Zusagen konnte die Fraktionsspitze die Zustimmung zur Brosius-Gersdorf nicht mehr garantieren. Daraufhin musste im Bundestag die Neubesetzung aller drei Richterposten von der Tagesordnung genommen werden.