Irland reagiert auf Polizeifausthiebe gegen Demonstrantin in Berlin

Die Verletzung einer Frau aus Irland durch einen Berliner Polizisten während einer propalästinensischen Demonstration wird zum internationalen Politikum. Das irische Außenministerium sei über einen Zwischenfall am Donnerstagabend in Berlin-Mitte informiert worden, meldet die Nachrichtenagentur dpa. Die irische Botschafterin Maeve Collins und weitere hochrangige Beamte hätten deshalb die deutschen Behörden kontaktiert und ihre Besorgnis mitgeteilt. Premierminister Micheál Martin bezeichnete den Vorfall laut einem Bericht der Deutschen Welle als "inakzeptabel" und äußerte ebenfalls "tiefe Besorgnis".

Auf mehreren Videos von der Kundgebung wie dem des öffentlich-rechtlichen irischen TV-Senders RTÉ ist zu sehen, wie ein Polizist einer Frau mit der Faust zweimal ins Gesicht schlägt. Der Demonstrantin läuft daraufhin Blut aus der Nase. Sie wird anschließend von Polizisten aus der Menge gezogen. RTÉ zufolge teilte die irische Protestorganisation Irish Bloc Berlin mit, der Arm der Frau sei zudem gebrochen worden, sie müsse operiert werden.

Propalästinensische Kundgebung in Berlin

Die Berliner Polizei hatte am Samstag bestätigt, Videoaufnahmen von dem Zwischenfall zu kennen. Der betreffende Beamte sei identifiziert, der Vorfall werde geprüft, sagte ein Sprecher. Ein Ermittlungsverfahren gegen den Beamten wurde zunächst nicht eingeleitet. Es werde noch geprüft, "ob das Verhalten verhältnismäßig war". Die geschlagene Frau wurde demnach von der Berliner Feuerwehr behandelt, wegen unbekannter Verletzungen. Gegen sie werde wegen Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt, hieß es weiter.

Laut Polizei hatten mehrere Hundert Einsatzkräfte am Donnerstagabend eine unangemeldete "Ansammlung im Kontext des Nahostkonfliktes" in der Nähe des Hackeschen Marktes aufgelöst. Den Angaben zufolge bewegten sich rund 100 Personen zwischen Rosenthaler Platz und Hackeschem Markt hin und her. Einzelne hätten sich gegenüber Einsatzkräften "verbal aggressiv" verhalten. Da keine Versammlungsleitung zu erkennen war, sei die Menschenansammlung aufgelöst worden.

Während des Einsatzes sei es zu Beleidigungen, tätlichen Angriffen auf und Widerstandshandlungen gegen Polizisten gekommen. 94 Personen setzte die Polizei laut einer am Freitag veröffentlichten Bilanz vorläufig fest. Sie leitete 96 Ermittlungsverfahren ein.

Irische Politiker reagieren mit Besorgnis

Der irische Labour-Abgeordnete Duncan Smith sagte RTÉ, er habe den Tánaiste kontaktiert, den stellvertretenden Regierungschef, "um meine tiefe Besorgnis zum Ausdruck zu bringen und Antworten von seinem deutschen Amtskollegen zu verlangen". Ein Sprecher der irischen Partei Sinn Féin fügte dem Sender zufolge hinzu, dass "es kein Verbrechen ist, auf die anhaltende Zerstörung und die unmenschliche Ermordung wehrloser Zivilisten in Palästina und Gaza aufmerksam zu machen".

Vor der deutschen Botschaft in Dublin protestierten angesichts des Vorfalls laut RTÉ rund zwei Dutzend Menschen.