Wegen der Rundfunkreform – Platzt die SPD/BSW-Koalition?
Die bundesweit einzige Koalition von SPD und BSW ringt in Brandenburg fast ein Jahr nach ihrem Start um ihre Zukunft. Anlass ist die anstehende Landtagsabstimmung über die Rundfunkreform, die von der BSW-Fraktion abgelehnt wird. Vize-Ministerpräsident Robert Crumbach vom BSW hat dabei eine andere Position: Er ruft die Fraktion zu Verlässlichkeit auf. Die SPD dringt auf eine Lösung bis zum Hauptausschuss am Mittwoch.
„Das ist schon ein ernster Konflikt“, sagte der BSW-Finanzminister. Er wählt klare Worte: „Beide Partner müssen zu jeder Zeit zeigen, dass sie zuverlässig sind. Ich kann verstehen, dass die SPD hier unsere Zuverlässigkeit infrage stellt.“
Der frühere BSW-Landeschef zeigt sich aber optimistisch, dass die Koalition zusammenfindet. „Wir reden ständig und suchen nach Lösungsmöglichkeiten“, sagt Crumbach. „Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt.“
SPD und BSW haben das dazu geplante Spitzentreffen im Streit über die Rundfunkreform für Sonntag abgesagt – in die Gespräche kommt möglicherweise Bewegung. Beide Seiten bestätigten die Absage der Nachrichtenagentur dpa, zuvor berichteten die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“.
„Es ist schwierig, aber ich bin zuversichtlich“, sagte Crumbach. SPD-Generalsekretär Kurt Fischer sagte: „Wir sind beständig mit unserem Koalitionspartner BSW in intensiven Gesprächen, die sich in eine gute Richtung entwickeln. Deshalb ist ein Koalitionsausschuss zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig und entfällt.“
In Thüringen hatte das BSW den Reformen zugestimmt, in Sachsen nicht
Bisher haben SPD und BSW trotz Differenzen etwa in der Außenpolitik immer zusammengefunden. Die BSW-Landtagsfraktion will voraussichtlich am 19. oder 20. November mehrheitlich gegen die Staatsverträge zur Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie für mehr Jugendschutz stimmen. Das hatte Fraktionschef Niels-Olaf Lüders angekündigt. Damit hätte die Koalition keine geschlossene eigene Mehrheit, wenn der Landtag darüber entscheidet – die SPD pocht aber auf einhellige Unterstützung beider Koalitionsfraktionen. SPD und BSW haben eine nur knappe Mehrheit von zwei Stimmen.
Das Kabinett hatte – mit BSW-Beteiligung – den beiden Medienstaatsverträgen bereits vor mehreren Monaten zugestimmt. Das war der Fraktion bekannt. Am Sonntag vor einer Woche erklärte der BSW-Bundesvorstand – dem Landeschefin Friederike Benda angehört – plötzlich, dass er beide Verträge ablehnt. In Thüringen hatte das BSW den Reformen schon zugestimmt, in Sachsen nicht.
Im Koalitionsvertrag verpflichteten sich beide Partner, im Landtag gemeinsam aufzutreten und nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Das BSW argumentiert aber, dass die Staatsverträge vor dem Eintritt in die Koalition fertig gewesen seien – über sie sei nichts im Koalitionsvertrag vereinbart.
BSW fürchtet zu große staatliche Eingriffe
Die Partei fordert eine weitreichendere Rundfunkreform und fürchtet bei Plänen für mehr Jugendschutz zu große staatliche Eingriffe. So könnte es aber um viel mehr gehen: um die Zukunft der Zweck-Ehe von SPD und BSW.
Im besten Fall könnte es zu einer Einigung über die Staatsverträge kommen. Dann wäre auch die Koalition wieder im Sattel. Es gibt auch die Möglichkeit, dass die SPD grundsätzlich eine Zustimmung einfordert, aber für das BSW bei den Staatsverträgen eine Ausnahme macht.
Wenn es keine Einigung gibt, ist auch ein Bruch der Koalition möglich. Die Folgen sind nicht absehbar. Das Bündnis aus SPD und BSW war nach der Landtagswahl 2024 die einzige Option, wenn die AfD nicht mitregieren soll. Bisher ist offen, ob der kleinere Partner es darauf anlegt oder toleriert, dass die Koalition platzen könnte.
SPD-Landtagsfraktionschef Björn Lüttmann hatte den Koalitionspartner zum Einlenken aufgerufen. „Natürlich ist unsere Grundforderung, dass BSW, wie es auch im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, nicht abweichend abstimmt von uns“, sagte Lüttmann. Er halte aber eine Einigung für möglich. „Wir kommen aus meiner Sicht ja gerade erst so richtig miteinander auch ins Arbeiten.“ Crumbach hatte der „Märkischen Allgemeinen“ gesagt: „Ich glaube an die Kraft der Worte und die Kraft der Vernunft.“
Das BSW ist derzeit im Umbruch. Die Partei will den Namen der Gründerin Sahra Wagenknecht ablegen. Die Parteispitze schlägt den Namen „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“ vor. Am Montag soll ein neues Personaltableau bekannt gegeben werden. Wagenknecht will sich nach eigenen Worten auch künftig in einer führenden Position engagieren.
Die Staatsverträge selbst sind eher nicht in Gefahr: Weil SPD und die CDU-Opposition zustimmen wollen, bekommen sie im Landtag voraussichtlich eine Mehrheit, auch wenn das BSW mehrheitlich dagegen wäre.