Vom Schauspieler zum Oberbürgermeister

Jubel und Erleichterung: Alexander Kalouti (Mitte) nach der Wahl zum Oberbürgermeister von Dortmund. © picture alliance/dpa

Es war ein politisches Signal, das über die Stadtgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgte: Mit Alexander Kalouti wurde Ende September 2025 in der traditionellen SPD-Hochburg Dortmund zum ersten Mal seit 79 Jahren ein CDU-Mitglied zum Oberbürgermeister gewählt. Doch das Parteibuch ist nicht das einzige ungewöhnliche Merkmal des neuen Oberhaupts der Ruhrmetropole mit 600.000 Einwohnern.  

Alexander Kalouti ist kein typischer Politiker, sondern Schauspieler, Kommunikationsprofi – und Weltbürger. Die Geschichte des heute 56-Jährigen beginnt weit entfernt vom Ruhrgebiet: Seine Mutter floh aus der DDR, sein Vater aus Palästina. Beide fanden in Freiburg eine neue Heimat, wo sie sich an der Universität kennenlernten. Später zog das Paar in den Libanon – als Beirut noch als das „Paris des Nahen Ostens“ galt. Dort kam Alexander zur Welt. Wegen politischer Unruhen verließ die Familie das Land jedoch wieder. „Gott sei Dank“, sagt Kalouti heute, „denn Ende der 1960er-Jahre kündigte sich politisch an, was bald in einen 15-jährigen Bürgerkrieg mündete.“ 

Familiäres Argumentationstraining  

Seine rhetorische Schule war der heimische Esstisch. Jeden Abend diskutierten er und seine vier älteren Geschwister dort – als Jüngster konnte Kalouti anfangs kaum mithalten. „Es ging immer darum, wer die besseren Argumente hatte. Nach und nach habe ich gelernt, meine Gedanken zu fassen und zu formulieren.“  

Schon mit elf Jahren wurde er politisiert: 1979 marschierten die Sowjets in Afghanistan ein. Seine ganze Familie verfolgte gebannt die Nachrichten. „Meine Mutter hat mir immer gesagt, dass es in der Sowjetunion, im Ostblock, keine richtigen Freiheitsrechte gibt“, sagt Kalouti, „und dass die Art, wie wir leben können – frei und sicher – stark mit unserem politischen System und mit dem Schutz durch die USA zusammenhängt.“  

Eigentlich wollte Kalouti Fußball spielen, stattdessen meldete seine Mutter ihn im Chor an. Dort habe er das erste Mal gelernt, sich durchzubeißen. „Ich war die ersten paar Jahre überhaupt nicht gut, bin aber auf Druck meiner Mutter immer dabeigeblieben“, sagt er. Mit Erfolg: Seine Stimme entfaltete sich, er sang bald als Solist. Nur deshalb sei er heute so widerstandsfähig, könne gut mit Ängsten und Frustration umzugehen und gebe niemals auf.  

Diese Resilienz half ihm auch beim Umgang mit Vorbehalten gegenüber seiner Herkunft. „Ich habe persönliche Rassismus-Erfahrungen gemacht. Aber eigentlich fände ich es toll, wenn mein migrantischer Hintergrund keine Rolle spielen würde“, sagt Kalouti. 

Spannender Bühnenwechsel 

Nach dem Abitur besuchte er die Schauspielschule in Stuttgart, arbeitete als Schauspieler und später als politischer Referent im Bayerischen Wirtschaftsministerium und im Deutschen Bundestag, lebte in verschiedenen Städten, darunter London, München und Berlin. Seit 2014 leitete Kalouti schließlich die Öffentlichkeitsarbeit des Theaters Dortmund.  

Seine neue große Bühne ist nun die Stadt Dortmund. Als Oberbürgermeister setzt er dort vor allem auf mehr Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung. „Da haben wir ein massives Problem“, sagt Kalouti, „es kann nicht so bleiben, dass viele Menschen die Innenstadt und die öffentlichen Verkehrsmittel meiden.“ Er selbst nutzt diese täglich – zum einen, weil er kein Auto besitzt, zum anderen, weil er dort mit den Menschen ins Gespräch kommt. Die erste Reaktion sei oft: „Ach was, Sie fahren Bus!?“ Das ist wohl ein weiteres ungewöhnliches Merkmal des frisch gewählten Stadtchefs.