Das ist die neue Jugendorganisation der AfD
Die AfD hat eine neue Jugendorganisation: die Generation Deutschland. Unter Protesten wurde sie an diesem Wochenende in Gießen gegründet. Es war ein Schaulaufen der Rechten, der Spitzenpolitiker der in Teilen rechtsextremen Partei und ihrer Vordenker. "Ihr seid die nächste Generation für diese Partei", sagte AfD-Vorsitzende Alice Weidel. Ihr Co-Vorsitzender Tino Chrupalla forderte: "Wir werden Deutschland neu aufbauen müssen." Was für ein Deutschland strebt die neue Jugendorganisation an? Und wer wird sie künftig führen? Ein Überblick
Steht der neue Name fest?
Über den neuen Namen der AfD-Jugendorganisation wurde sich leidenschaftlich gestritten. Einige Teilnehmer trauerten dem alten Namen – Junge Alternative – nach und wollten auch die neue Jugendorganisation wieder entsprechend taufen. Der Antrag wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt. Ebenso erging es einem Antrag mit dem Namensvorschlag Jugend Germania.
Das Statut der neuen Organisation mit dem Namen Generation Deutschland wurde schließlich mit deutlicher Mehrheit beschlossen. Doch der Name steht damit nicht fest. Der Bundesvorstand der AfD muss dem Statut und damit auch dem Namen der Jugendorganisation noch zustimmen.
Wer ist Jean-Pascal Hohm?
Der neue Bundesvorsitzende der Generation Deutschland heißt Jean-Pascal Hohm. Der 28-jährige Brandenburger sitzt seit Oktober 2024 für die AfD im Potsdamer Landtag. Der brandenburgische Verfassungsschutz führt ihn als Rechtsextremisten. Von der Identitären Bewegung will er sich dezidiert nicht distanzieren – er telefoniere manchmal mit dessen Vordenker Martin Sellner, sagte er der Zeitung Bild. Eine Abgrenzung zum rechtsextremen Vorfeld der Partei strebt er ebenfalls nicht an, wirbt in seiner Rede im Gegenteil für Engagement in den Vorfeldorganisationen. Dieses rechtsextreme Vorfeld war auch bei dem Gründungstag in Gießen eingeladen: etwa der rechtsradikale Verleger Götz Kubitschek, rechte Influencer, rechte Werbeagenturen und Verlage sowie "Remigration"-Aktivisten.
Politisiert hat Hohm nach eigenen Worten das Jahr 2015, schon mit 18 Jahren will er Demonstrationen gegen Asylbewerber organisiert haben. Verwurzelt ist er zudem in der Fußballszene in Cottbus, wo er lebt.
Der Verfassungsschutz führt ihn in seinem Gutachten wegen Aussagen wie "Deutschland ist das Land der Deutschen" als Rechtsextremisten. Hohm und andere Akteure in seinem AfD-Landesverband seien "in Brandenburger Hochburgen des Rechtsextremismus politisch sozialisiert worden, sind dort persönlich vernetzt und nehmen persönlich und privat Anteil an einer rechtsextremen Subkultur, welche die Partei zunehmend in sich aufzunehmen bereit ist", heißt es in dem Gutachten.
Er fällt immer wieder mit fremdenfeindlichen Aussagen auf. 2022 schrieb er dem Gutachten zufolge auf X: "Wer also das #Staatsvolk sukzessive durch #Einbürgerung ersetzt, verändert Deutschland nicht, sondern schafft es ab. Ohne Deutsche kein Deutschland." Widerstand sei darum Pflicht. In mehreren Beiträgen in sozialen Medien schrieb er außerdem von Fremden, die Deutschland erobern würden, und spricht von einem "Bevölkerungsaustausch".
Dem Gutachten zufolge unterstützte er zudem "Einschüchterungsaktionen und Schmähkampagnen" gegen Lehrer, die auf eine Offenheit brandenburgischer Schüler zu rechtsextremer Ideologie hinwiesen. Insgesamt wird er in dem Gutachten zur Einstufung der AfD an diversen Stellen als rechtsextrem genannt.
Wer sind die Stellvertreter?
Die restlichen Mitglieder im Bundesvorstand der Generation Deutschland sind keineswegs weniger radikal als Hohm. Einige der 15 Mitglieder sind bestens vernetzt in der rechtsextremen Szene und ehemalige Mitglieder der aufgelösten und vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Vorgängerorganisation Junge Alternative. Zum ersten Stellvertreter wählten die Teilnehmer Jan Richard Behr, den Schatzmeister des rheinland-pfälzischen AfD-Kreisverbands Alzey-Worms. Behr war zuvor Vorsitzender der Jungen Alternative Dresden. Der Sachse soll Verbindungen zu den Identitären wie Martin Sellner und dem rechtsextremistischen Verleger Götz Kubitschek haben. Bei Letzterem nahm er übereinstimmenden Medienberichten mehrmals an Seminaren teil. Fotos in sozialen Medien zeigen ihn auch mit Björn Höcke, in vielen Postings wirbt er für "Remigration".
Zum zweiten Stellvertreter wählten die Teilnehmer Adrian Maxhuni. Er ist stellvertretender Vorsitzender des AfD-Kreisverbands Osnabrück-Land, arbeitet für den AfD-Bundestagsabgeordneten Marcel Queckemeyer und war zuvor Landesvorsitzender des JA-Verbands Niedersachsen und Teil des JA-Bundesvorstands. Einem Bericht des Spiegels zufolge soll er 2023 einen früheren Politiker der ehemaligen NPD als Redner zu einer Konferenz eingeladen haben, was Maxhuni jedoch bestreitet.
Der dritte Vorsitzende ist Patrick Heinz, ebenfalls ehemaliger Vorsitzender eines Landesverbands der aufgelösten Jungen Alternativen, nämlich Nordrhein-Westfalen. Er gilt als Vertrauter des Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich, den die AfD wegen völkischer Tendenzen aus der Partei ausschloss. Heinz sprach in seiner Rede in Gießen von einem "Mohammed", der deutsche Schüler mit einem Messer bedrohe und verprügele. "Ein Angriff auf einen von uns ist ein Angriff auf alle von uns", rief er am Ende über die angeblich wahre Geschichte. Heinz hat Lehramt studiert und gibt daher an, zu wissen, wie schlecht es um die Schulen in Deutschland stehe.
Als zweiten Beisitzer wählten die Teilnehmer Kevin
Dorow, der in seiner Rede Höcke und das nationalsozialistische Prinzip der
Hitlerjugend zitierte: "Jugend muss durch Jugend geführt werden." Abgrenzung,
etwa zum Vorfeld der Partei, lehnte er ab. "Diese Jugendorganisation, liebe
Freunde, wird die Speerspitze der jungen Rechten in Deutschland sein." Dieser Speerspitze gehören künftig neben vielen Männern auch zwei Frauen an, die es in
den Bundesvorstand schafften: Reinhild Goes aus Niedersachsen und Julia
Gehrckens. Gehrckens sagte in ihrer Rede: "Nur millionenfache Remigration schützt
unsere Frauen und Kinder." Finanzbeauftragter ist Lennard Scharpe aus Sachsen, Schriftführer
ist Christopher Wiedenhaupt aus Berlin und Alexander Claus ist zweiter
Beisitzer.
Wieso hat die AfD eine neue Jugendorganisation gegründet?
Gegründet wurde die neue Jugendorganisation, nachdem die Junge Alternative im März aufgelöst wurde. Der Grund dafür: Sie war zu radikal, zu eigenständig und unkontrollierbar. Die Junge Alternative war formal ein Verein, dadurch mussten ihre Mitglieder nicht gleichzeitig Parteimitglieder sein. Vor allem aber stand sie dadurch immer in Gefahr, vom Innenministerium mit einem Vereinsverbot auferlegt zu werden. Denn der Verfassungsschutz hatte sie als rechtsextremistische Vereinigung eingestuft. Die Junge Alternative ist mit ihrer Auflösung also auch einem möglichen Verbot zuvorgekommen. Eine neue Organisation sollte daraufhin an die Partei selbst angegliedert sein – für mehr Kontrolle, aber eben auch Schutz.
Anders als die Mutterpartei, an die sie künftig angegliedert ist, soll die neue Generation Deutschland nicht automatisch als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt werden, wie der Verfassungsschutz der ZEIT mitteilte. "Das Vorliegen der Voraussetzungen der Beobachtung der 'Alternative für Deutschland' (Verdachtsfall des BfV) sowie ihrer Teilorganisationen wird kontinuierlich geprüft", teilte die Behörde der ZEIT mit. Unabhängig davon, dass die neue Jugendorganisation durch die Einbindung der Mitglieder fester Bestandteil der AfD sein wird, will sich die Behörde demnach zunächst ein Bild über deren Betätigung und Auftreten verschaffen. "Eine Bewertung der ideologischen Ausrichtung und Aktivitäten einer noch zu gründenden Parteijugendorganisation ist gegenwärtig noch nicht möglich", hieß es.
Wie wird das Verhältnis zwischen der Generation Deutschland und der AfD sein?
Der neue Bundesvorsitzende der Generation Deutschland und die Vorsitzenden der AfD sind sich einig: Die neue Jugendorganisation soll laut Weidel und Hohm die "Kaderschmiede" der AfD werden. Partei und Nachwuchsorganisation sollen künftig zusammenarbeiten. "Wir erwarten von der neuen Jugendorganisation, dass sie sich in den Dienst der Partei stellt", sagte der Vorsitzende Chrupalla. Die Co-Chefin sagte: "Ihr seid die nächste Generation nach mir, nach Tino Chrupalla, nach den Alten hier, die unser Land führt." Und: "Ich möchte, dass wir eine starke zweite und dritte Reihe haben."
Da die Mitglieder künftig disziplinarisch Parteimitglieder sein müssen, kann der AfD-Bundesvorstand mögliche Verstöße sanktionieren. Chrupalla sagte in Gießen: "Ihr dürft auch Fehler machen. Parteijugend heißt nicht Gewächshaus. Wir ziehen keine Pflänzchen heran, um isoliert von der Außenwelt ihren Wuchs zu bestimmen." Hohm selbst sagte: "Wir wollen auch mal frech auftreten, aber immer im Bewusstsein, dass unser Handeln dem Erfolg der Partei dienen muss."
Wo die Generation Deutschland künftig inhaltlich stehen
will, ist noch unklar. Ein Programm hat sie noch nicht verabschiedet.
Wer darf Mitglied in der Generation Deutschland sein?
Die neue Jugendorganisation richtet sich an 14- bis 36-Jährige. Mitglieder müssen Parteimitglied bei der AfD sein. Bundesvorsitzender Jean-Pascal Hohm sagte, die Jugendorganisation spreche damit 10.000 AfD-Mitglieder an.