Kirgisistan wählt Parlament unter wachsendem Druck auf Opposition

In Kirgisistan hat die vorgezogene Parlamentswahl begonnen. Gegen Mittag lag die Wahlbeteiligung bei rund zwölf Prozent, wie die stellvertretende Leiterin der zentralen Wahlkommission, Ajdana Schupujewa, mitteilte. Die Wahllokale blieben bis 20 Uhr Ortszeit (15 Uhr MEZ) geöffnet.

Beobachter sehen in der Abstimmung einen Versuch von Präsident Sadyr Schaparow, seine Macht weiter zu festigen. Nach einer Verfassungsänderung hat das Parlament an Einfluss verloren, zudem werden erstmals ausschließlich Direktkandidaten gewählt. Kritische Medien wurden im Vorfeld verboten, mehrere Oppositionelle verhaftet.

Vorzeitige Abstimmung und Umbau des politischen Systems

Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte sollen 90 Abgeordnete der Dschogorku Kengesch genannten Volksversammlung bestimmen. Die Wahl wurde nötig, nachdem das bisherige Parlament im September seine vorzeitige Auflösung beschlossen hatte – offiziell, um Kollisionen mit der Präsidentenwahl 2027 zu vermeiden. Politische Beobachter sehen jedoch auch darin ein weiteres Signal zunehmender Machtkonzentration bei Schaparow.

Der Präsident, der nach einem Umsturz 2020 an die Macht kam, baut seit seinem Amtsantritt Institutionen um. Seine Machtbefugnisse wurden durch die neue Verfassung deutlich gestärkt. Gleichzeitig zeigt das politische System zunehmend autoritäre Züge: Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stellte einen rapiden Rückgang der Medienfreiheit fest und entsandte trotz ihrer Kritik Wahlbeobachter.

Derzeit sitzen zehn prominente Oppositionelle im zentralasiatischen Land in Haft, darunter Kadyrbek Atambajew, der Sohn des im Exil lebenden Ex-Präsidenten Almasbek Atambajew. Ihnen wird die versuchte Organisation von Massenunruhen vorgeworfen.

Parteien geschwächt, Wirtschaft im Aufwind

Mit der Umstellung auf reine Direktmandate könnten Parteien künftig kaum noch eine Rolle spielen. Die Abhängigkeit der Abgeordneten vom Präsidenten dürfte weiter wachsen, wie Experten einschätzen. Schaparow stellt sich selbst als Kämpfer gegen Korruption dar. Dieses Image kommt bei vielen Bürgern gut an.

Die Regierung verweist zudem auf ein erwartetes Wirtschaftswachstum von neun Prozent. Der Boom ist jedoch eng mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verknüpft: Kirgisistan fungiert zunehmend als Zwischenhändler für Waren, die nicht mehr direkt nach Russland exportiert werden können. Weil so viele russische Männer wegen des Kriegseinsatzes im Arbeitsmarkt fehlen, bleibt der Bedarf an Arbeitskräften aus Kirgisistan weiterhin hoch. Gleichzeitig stärkt der gestiegene Goldpreis die heimische Wirtschaft.

Zugleich steigen die Lebenshaltungskosten, und die seit Jahren angespannte Energieversorgung verschlechtert sich weiter. Stromausfälle häufen sich – doch derzeit deutet wenig darauf hin, dass sich der Unmut darüber erneut in Protesten entlädt.