Charterflug bringt 160 Afghanen mit Aufnahmezusagen nach Berlin

160 afghanische Geflüchtete sind mit einem von der Bundesregierung organisierten Charterflug in Berlin angekommen. Sie alle hatten nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul eine Aufnahmezusage erhalten, bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Sie kamen aus dem pakistanischen Islamabad und sollen auf die Bundesländer verteilt werden. 

In Pakistan harren noch immer zahlreiche Menschen mit Aufnahmezusagen für Deutschland aus. Sie warten auf ihre Sicherheitsüberprüfung und die Erteilung von Visa. Pakistan hat der Bundesregierung nur bis zum Jahresende Zeit für die Aufnahmeverfahren gegeben. Danach werde man die Menschen nach Afghanistan abschieben – bisher ist die Grenze geschlossen.

Bei den nun in Berlin eingereisten Afghaninnen und Afghanen handelt es sich laut Bundesinnenministerium um 154 Menschen aus dem Bundesaufnahmeprogramm. An Bord der Maschine war außerdem eine frühere Ortskraft mit fünf Angehörigen.

Zusagen nur für bestimmte Listen

Die islamistischen Taliban hatten in der afghanischen Hauptstadt Kabul im August 2021 erneut die Macht übernommen. Die Bundesregierung versprach ehemaligen Ortskräften deutscher Institutionen sowie weiteren Menschen, die man für besonders gefährdet hielt, eine Aufnahme in Deutschland. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) wollte ihnen diese jedoch verweigern. Nachdem etliche Menschen aus dem sogenannten Bundesaufnahmeprogramm erfolgreich auf Erteilung eines Visums geklagt hatten, werden für diese Menschen wieder Einreisen nach Deutschland organisiert. Sogar der Außenminister drang auf eine schnelle Aufnahme.

"Der überwiegende Teil hat nach unserer Einschätzung rechtsverbindliche Aufnahmezusagen", sagte Dobrindt dem stern und dem Sender RTL. "Die werden wir auch erfüllen." Die Menschen seien "zu einem erheblichen Teil" auf dem Weg nach Deutschland.

Etwa 650 Menschen aus Afghanistan, die Zusagen über eine Menschenrechtsliste und die sogenannte Überbrückungsliste erhalten hatten, erhielten jedoch eine endgültige Absage. "Wir gehen davon aus, dass es um die 600 Personen sind, die keine rechtsverbindliche Aufnahmezusage haben", sagte der CSU-Politiker. "Denen haben wir das auch mitgeteilt."

Den Angaben des Bundesinnenministeriums zufolge warten noch 76 Menschen aus dem Ortskräfteverfahren und 465 Afghaninnen und Afghanen aus dem Bundesaufnahmeprogramm auf ein Visum für Deutschland.

Kritik von Menschenrechtsorganisationen

Menschenrechtsorganisationen halten diese Unterscheidung nach Listen für Willkür. Zuletzt haben sich mehr als 200 Organisationen und Prominente in Briefen an den Bundesinnenminister gewandt. In dem Schreiben der Prominenten ist unter anderem von einem "beschämendem Taktieren" der Bundesregierung die Rede.

Mehrere Menschenrechtsorganisationen wollen am Mittwoch vor dem Bundestag auf eine Aufnahme von gefährdeten Afghanen dringen. Dazu gehören unter anderem Amnesty International Deutschland, das International Rescue Committee, Kabul Luftbrücke, Pro Asyl sowie Terre des Hommes. Im Bundestag beschäftigen sich am Mittwoch mehrere Ausschüsse mit dem Thema.