Zur Verteidigung der Saskia E.: Das Schauspiel in der SPD ist nur noch unwürdig
Sozialdemokraten, wer darunter soziale Demokraten versteht, wird gerade herb enttäuscht. Und zwar durch den innerparteilichen Umgang mit der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken. Der widerspricht in jedem Falle dem, was die Partei zu sein vorgibt.
Nur gut, dass das in Teilen der Partei Empörung hervorruft. Es zeigt, dass die schon ein Gefühl für Anstand hat. Kritik an der Debatte um die Parteichefin kommt aus dem Präsidium, der Jugendorganisation und der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen.
Esken hat immerhin seinerzeit mit Norbert Walter-Borjans in der parteiinternen Abstimmung alle anderen aus dem Feld geschlagen, darunter – nicht zu vergessen – Boris Pistorius und Olaf Scholz. Ihre Nähe zu den einfachen Sozialdemokraten hatte die damals überzeugt.

Stephan-Andreas Casdorff ist Editor-at-Large des Tagesspiegels. Er wünscht sich einen anständigen Umgang mit Saskia Esken.
Bei den Funktionären beliebt war Esken dagegen von Anfang an nicht, geliebt erst recht nicht. Unbestreitbar sind aber einige Verdienste um die SPD. Immerhin hat sie die Partei mit befriedet und zu ihrer Geschlossenheit, auch inhaltlicher, beigetragen.
Und was ist mit Kingbeil und Scholz?
Das Desaster bei der Bundestagswahl jetzt ist beileibe nicht allein ihre Schuld. Gab es da nicht noch Lars Klingbeil und Olaf Scholz? Klingbeil als Co-Vorsitzender hat es nicht vermocht, den Kanzler zum Verzicht auf eine nochmalige Kandidatur zu bewegen. Sich da nicht durchgesetzt zu haben, zeigt auch nicht gerade ein hohes Maß an Autorität. Das kann sogar der Kardinalfehler zur Wahl gewesen sein.
Trotzdem wird Klingbeil nicht nur nicht infrage gestellt, sondern sichert sich alle von ihm angestrebten Ämter. So wird er jetzt, neben dem Parteivorsitz, Finanzminister und Vizekanzler. Ein wenig ironisch wirkt das schon: In dem Maße, in dem die SPD Macht verliert, wächst die von Klingbeil. Und der sagt zu Eskens Verteidigung – nichts.
Das ärgert die Chefin der Arbeitsgemeinschaft der SPD-Frauen, Maria Noichl. „Eine Person stolpert nach oben, die andere Person stolpert nach unten“, das könne nicht sein. Kann es offenbar doch.
Esken wird die Befähigung für fast alles abgesprochen, erst recht für einen Posten im Kabinett. Als Vorsitzende war sie offenbar gut genug. Wie peinlich.
Das alles hätte anders gehandhabt werden müssen, gesichtswahrend, mit hoher Sozialität. Esken vor die Wand laufen zu lassen, stellt der Partei in jeder Hinsicht ein schlechtes Zeugnis aus. Der Umgang mit ihr genügt dem Anspruch der SPD nicht. Nicht einmal dem an sich selbst.