„Der Süden bleibt die Wachstumslokomotive“: Wirtschaft der Eurozone wächst doppelt so stark wie erwartet
Steigende Konsumausgaben und Investitionen haben der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal zu einem Wachstum verholfen. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch zu seiner ersten Schätzung mitteilte.
In der gesamten Euro-Zone wuchs die Wirtschaft zum Jahresanfang doppelt so stark wie erwartet – auch dank der Erholung in Deutschland. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von Januar bis März um 0,4 Prozent zum Vorquartal, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Mittwoch mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit plus 0,2 Prozent gerechnet. In diesem Tempo hatte die Wirtschaft auch im Schlussquartal 2024 zugelegt.
Im Vergleich zum Vorjahresquartal wuchs die Wirtschaft der Eurozone um 1,2 Prozent, wie Eurostat weiter mitteilte. Hier hatten Ökonomen einen Anstieg um 1,1 Prozent erwartet. Im vierten Quartal hatte das Wachstum ebenfalls bei 1,2 Prozent gelegen.
In Deutschland wurde mit dem Wachstum eine Rezession verhindert: Im Schlussvierteljahr 2024 war Europas größte Volkswirtschaft noch um 0,2 Prozent geschrumpft. Zwei Minusquartale in Folge gelten als technische Rezession.
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Für den positiven Jahresauftakt sorgten sowohl die privaten Konsumausgaben als auch die Investitionen, erklärten die Statistiker. Beide seien höher gewesen als im Vorquartal. Die Kaufkraft der Verbraucher ist zuletzt durch steigende Löhne und sinkende Inflation gestärkt worden. Die Kreditkosten von Unternehmen sind wegen der sinkenden Leitzinsen der Europäischen Zentralbank gefallen, was bei größeren Investitionen hilft.
Ökonomen erwarten keinen kräftigen Aufschwung
Einen kräftigen Aufschwung erwarten die meisten Ökonomen allerdings nicht. „Das Plus gegenüber dem vierten Quartal sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Wirtschaft nicht vor einer langjährigen, kräftigen Erholung steht“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Zwar dürfte das riesige Finanzpaket der künftigen Bundesregierung die Konjunktur im kommenden Jahr anschieben. „Aber viele Unternehmen vermissen in Deutschland einen wirtschaftspolitischen Neustart, der nach der jahrelangen Erosion der Standortqualität notwendig wäre.“
Hinzu kommt der von US-Präsident Donald Trump im April eskalierte Handelskrieg mit höheren Zöllen auch auf deutsche Waren. „Kein Zweifel: Deutsche Exporte bekommen einen scharfen Gegenwind durch die US-Wirtschaftspolitik“, sagte Ökonom Michael Herzum von der Fondsgesellschaft Union Investment.
„Der im April in Kraft getretene spürbare Anstieg der Zölle auf Importe aus der EU sowie die Androhung weiterer Zoll-Anhebungen belasteten den weiteren Verlauf der Konjunktur in Deutschland“, sagte auch der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser.
Die Bundesbank rechnet durch den von Trump losgetretenen Handelskonflikt mit einem Dämpfer schon im jetzigen Frühjahrsquartal. Die Wirtschaftsleistung könne dann einen Rückschlag erleiden, heißt es im aktuellen Monatsbericht. Die konjunkturelle Grundtendenz bleibe insgesamt weiter schwach. Mitverantwortlich dafür dürften die von Trump verkündeten Zollerhöhungen sein. „Insgesamt bleibt der kurzfristige Ausblick für das Exportgeschäft und die Industrie angesichts der Zollpolitik der US-Regierung trüb“, betonte die Bundesbank.
Der scheidende Wirtschaftsminister Robert Habeck rechnet für das Gesamtjahr 2025 nur mit einer Stagnation, die auf zwei Minusjahre folgen soll. 2026 soll es dann zu einem Wachstum von 1,0 Prozent reichen – auch durch die geplanten milliardenschweren Investitionen der neuen Bundesregierung in Infrastruktur und Aufrüstung.
Die großen Euro-Länder schlugen sich indes unterschiedlich. Die französische Wirtschaft wuchs um 0,1 Prozent und Italiens Wirtschaft legte um 0,3 Prozent zu. Das BIP in Spanien wuchs sogar um 0,6 Prozent. „Der europäische Süden bleibt die Wachstumslokomotive“, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank. So dürften die europäischen Südländer von einer guten Tourismussaison profitieren.
Exportabhängige Länder wie Deutschland würden dagegen mit Hoffen und Bangen nach Washington schauen. Doch auch in den anderen Euro-Ländern könnte der Zollkonflikt die Entwicklung bremsen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins zuletzt siebenmal in Folge gesetzt. Das macht Kredite billiger - etwa für Investitionen - und könnte so die Konjunktur weiter anschieben.(Reuters, dpa)