Ganz anders als Christian Lindner – zumindest im Ton
Es dauert eine gute Viertelstunde, bis der neue Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) in die ersten sanften Untiefen des Steuerrechts absteigen soll. Warum er denn keinen Doppelhaushalt vorlege, gleich für dieses und für das kommende Jahr, wird er während der Pressekonferenz zur Steuerschätzung gefragt. Und wie das denn sei mit der Entlastung der niedrigen und mittleren Einkommen. "Ein bisschen Zeit müssen Sie mir schon geben, um anzukommen", sagt Klingbeil – und es klingt leicht genervt. Der Zeitplan, dem Kabinett bis zum 25. Juni einen Bundeshaushalt für das Jahr 2025 vorzulegen, sei schon ausreichend ehrgeizig genug.
Es ist Klingbeils erster Auftritt im neuen Amt – und seine Vorsicht und Zurückhaltung sind ihm deutlich anzumerken. Nicht markig-bossig à la Amtsvorgänger Christian Lindner, sondern mit einer großen Portion Reserviertheit präsentiert er an diesem Donnerstag im Bundesfinanzministerium die Ergebnisse. Er gibt immer wieder Antworten an seinen Haushaltsstaatssekretär ab – was bei der Materie aber nicht ungewöhnlich ist.
Die Zahlen sind alles andere als erfreulich. Wie Klingbeil ausführt, werden die Steuereinnahmen künftig deutlich geringer ausfallen als erwartet. Demnach muss die schwarz-rote Koalition bis 2029 mit rund 33 Milliarden Euro weniger auskommen als noch vor wenigen Monaten angenommen. In diesem Jahr fällt der Rückgang für den Bund mit 600 Millionen Euro noch relativ gering aus. 2026 sind es jedoch schon mehr als zehn Milliarden Euro, die wegfallen.
Der Rückgang ist vor allem auf die schlechte Wirtschaftslage zurückzuführen. Die deutsche Wirtschaft befindet sich seit zwei Jahren im Abschwung. Für das laufende Jahr hat die Regierung ihre Konjunkturprognose zuletzt erneut gesenkt. Sie rechnet für 2025 inzwischen mit einer Stagnation. Und auch im kommenden Jahr wird nur ein Wachstum von einem Prozent erwartet.
Klare Ansage an die Kollegen
Kein Wunder, dass Klingbeil schon nach fünf Minuten den Finger in die Wunde legt. "Der Bundeshaushalt steht weiterhin unter enormem Konsolidierungsdruck", sagt er. Will heißen: Es muss weiter gekürzt werden. Wie groß die Finanzierungslücke im Etat für das laufende Jahr aktuell noch ist, will Klingbeil auf Nachfrage zwar nicht sagen. Die Ansage an die Ministerkollegen ist aber klar zu vernehmen: Bloß keine Wunschzettel schreiben, sondern Prioritäten setzen. Man arbeite die Vorhaben des Koalitionsvertrags ab. Das klingt schon eher nach Lindner.
Noch vor der Sommerpause will Klingbeil gleich drei teils extrem komplexe Gesetze ins Parlament bringen: das Haushaltsgesetz für 2025, das zweite für 2026 und ein Gesetz für den Investitionsbooster, um mit Abschreibungen für Unternehmen das Wachstum anzukurbeln. Nach der Sommerpause könnte der Bundestag dann mit den Beratungen zu den jeweiligen Gesetzen beginnen. Es ist ein ehrgeiziges Vorhaben, aber Schwarz-Rot steht unter enormem Druck, jetzt "zu liefern", wie es im Politiksprech heißt.