Hochschulgruppe an der FU Berlin: Studierende rufen auf Uni-Gelände zur „Intifada“ auf

An der Freien Universität Berlin (FU) wird eine Veranstaltung in einem selbstverwalteten studentischen Raum derzeit juristisch geprüft. Am Dienstag soll es dort neben scharfer Israel-Kritik auch zu Aussagen gekommen sein, die als Holocaust-Verharmlosung und gewaltsamer Widerstand gegen Israel gewertet werden könnten, berichtet die „B.Z.“.

Die Veranstaltung fand im Studierendencafé Galilea in der „Rostlaube“ in Dahlem statt, das die Studierendenvertretung der Universität laut Angaben der FU selbst verwaltet. Die Veranstaltung mit dem Namen „Wie wir die Intifada globalisieren“ wurde von der linken Hochschulgruppe „Waffen der Kritik“ organisiert.

„Intifada“ ist der arabische Begriff für Erhebung oder Aufstand. Er steht historisch für die palästinensischen Erhebungen gegen Israel, die durch breite Proteste, aber auch durch Gewalt und Terroranschläge gegen israelische Soldaten und Zivilisten geprägt waren.

Uni hat nur begrenzten Zugriff auf studentische Räume

Eine FU-Sprecherin sagte dem Tagesspiegel, die Unileitung könne bei Veranstaltungen in Räumen, die die Studierendenschaft eigenständig nutzt, nur eingreifen, „wenn konkrete und belastbare Hinweise auf Rechtsverstöße oder eine akute Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegen.“

Sich an der Grenze des rechtlich Möglichen zu bewegen, ist etwas, das diese Gruppen beherrschen und strategisch nutzen.

FU-Sprecherin

Auf Nachfrage bestätigte die Sprecherin, dass die Leitung von der Veranstaltung im Vorfeld wusste. Diese habe den Asta im Vorfeld kontaktiert. In einer E-Mail habe die FU-Leitung darauf hingewiesen, dass „Intifada“ auch für gewaltsame Auseinandersetzungen stehe und daher insbesondere auf jüdische Hochschulangehörige bedrohlich wirken könne.

Das Schreiben liegt dem Tagesspiegel vor. Darin ruft die Leitung die Veranstalter nach einem Hinweis auf die Werte der FU dazu auf, zu verhindern, dass es bei der Veranstaltung zu diskriminierenden, gewaltverherrlichenden oder zur Gewalt aufrufenden Äußerungen kommt – und wenn doch, diese zu beenden. Andernfalls werde die Hochschulleitung „Maßnahmen zum Schutz der universitären Ordnung und Sicherheit einleiten“, heißt es dort.

Erwägt die FU, nach dem Vorfall dem Asta den Mietvertrag für das Galilea zu entziehen? Die Sprecherin verweist darauf, dass die dort getätigten Aussagen noch inhaltlich und rechtlich geprüft würden. Zudem habe man den Asta aufgefordert, „zu beanstandeten Äußerungen, die die Werte und Satzung der FU Berlin verletzen, Stellung zu nehmen“.

FU: Gruppen testeten rechtliche Grenzen aus

Zum Vorwurf, die Uni sei untätig geblieben und habe eine diskriminierende und problematische Veranstaltung in studentischen Räumen zugelassen, sagte die FU-Sprecherin: „Sich an der Grenze des rechtlich Möglichen zu bewegen, ist etwas, das diese Gruppen beherrschen und strategisch nutzen.“ Diese testeten die Grenzen der Uni-Leitung aus.

Bereits vor Beginn hatte die Veranstaltung offenbar für Spannungen gesorgt. Mehreren Journalisten ist nach Angaben der „B.Z.“ der Zutritt verwehrt worden, einige seien mit einem Hausverbot belegt worden. Die Polizei sei deshalb kurzzeitig vor Ort gewesen.

Die Veranstalter hätten außerdem Bild- und Tonaufnahmen untersagt und rechtliche Schritte angekündigt, sollten diese Regeln missachtet werden. Fotos, die dennoch an die Öffentlichkeit gelangten, zeigen ein Banner mit der Aufschrift „Stoppt den Genozid. International streiken gegen Waffenlieferung und Besatzung!“ Auch sei Material der BDS-Kampagne verteilt worden, die nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung potenziell das Existenzrecht Israels infrage stelle.

Als Hauptredner trat der palästinensische Aktivist Mo Alattar auf. Er ist 2015 aus dem Gazastreifen nach Deutschland gekommen. Laut „B.Z.“ soll Alattar in einer Äußerung an das Publikum eine direkte Parallele zwischen dem Nationalsozialismus und dem heutigen Israel gezogen haben: „Ich sage zu allen Zionisten, ob die anwesend sind oder nicht: Ihr seid ekelhaft, ihr erinnert mich nur an die Nazis vor 80 Jahren, die den Holocaust rechtfertigen mit allen Argumenten.“

Kritik von der Deutsch-Isrealischen Gesellschaft

Die Polizei ermittelt derzeit nicht von Amts wegen. Sie habe noch keine Kenntnis von strafrechtlich relevanten Sachverhalten erhalten, antwortet sie auf eine Anfrage des Tagesspiegels am Mittwochmorgen.

Die Debatte reiht sich ein in eine zunehmende Auseinandersetzung über den Umgang mit Antisemitismus, Nahost-Positionierungen und Meinungsfreiheit an Berliner Hochschulen. Am selben Tag hatte ein jüdischer Student vor dem Verwaltungsgericht gegen die FU geklagt. Der Vorwurf: Diese unternehme nicht genug gegen Antisemitismus auf dem Campus.

Kritik kam von Lasse Schauder, Bundesvorsitzender des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Die Reaktion der FU-Leitung bleibe weit hinter dem Notwendigen zurück, erklärte er. Die Uni habe Raum für eine Veranstaltung geboten, „deren Titel de facto als Aufruf zu weltweiter Gewalt gegen Jüdinnen und Juden, gegen Israelis und israelische sowie jüdische Einrichtungen verstanden werden muss“. (blk, evm, mit dpa)