UN-Gericht hält Entschädigungszahlungen bei Klimaschäden für möglich

Vom Klimawandel geschädigte Länder könnten nach Einschätzung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag Anspruch auf Entschädigung haben. Was ihnen zustehe, müsse von Fall zu Fall entschieden werden, teilte das Gericht bei der Vorstellung eines Rechtsgutachtens zu den Pflichten von Staaten im Klimaschutz mit. 

Zudem erklärte der IGH eine "saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt" zum Menschenrecht. Den Planeten nicht vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen, könne einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen. IGH-Präsident Yuji Iwasawa verwies unter anderem auf das Recht auf Gesundheit und das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard.

Laut Iwasawa betrachtet der IGH eine Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit als "primäres Temperaturziel" unter dem Pariser Klimaabkommen. Er verwies auf die Pflicht der Länder, erhebliche Umweltschäden zu verhindern. Der Gerichtshof sei der Ansicht, dass diese Verpflichtung auch für das Klimasystem der Erde gelte, "das ein integraler und wesentlicher Bestandteil der Umwelt ist und für gegenwärtige und zukünftige Generationen geschützt werden muss".

Inselstaat Vanuatu hatte Gutachten angestoßen

Die UN-Vollversammlung hatte den IGH 2023 beauftragt, das Gutachten zu eventuellen juristischen Konsequenzen für Staaten zu erstellen, "die durch ihre Handlungen und Unterlassungen erhebliche Schäden am Klimasystem und anderen Teilen der Umwelt verursacht haben". Zuvor hatten kleine Inselstaaten und Entwicklungsländer das höchste Gericht der Vereinten Nationen aufgefordert, Klimaschutz als völkerrechtliche Pflicht festzuschreiben. Der Inselstaat Vanuatu im Südpazifik etwa sieht im Klimawandel "die größte Bedrohung für die Zukunft". Durch einen Anstieg des Meeresspiegels würden kleine Inselstaaten verschwinden, sagte Vanuatus Klimaminister Ralph Regenvanu.

Die fortschreitende Klimakrise und ihre katastrophalen Auswirkungen sind bekannt, dennoch können Staaten sich oft nicht zu einem entschiedenen Gegensteuern durchringen. Aus Frustration darüber wenden sich immer mehr einzelne Betroffene, Organisationen oder auch ganze Staaten an Gerichte.

Große Wirtschaftsstaaten wie China und die USA, die für den überwiegenden Teil der CO₂-Emissionen verantwortlich sind, lehnen rechtliche Verpflichtungen ab, die über bestehende Abkommen hinausgehen. Sie verweisen auf die Bestimmungen der UN-Klimaschutzkonventionen und des Pariser Klimaabkommens. Aus Letzterem waren die USA unter Präsident Donald Trump ausgetreten. Aus Sicht Deutschlands reichen die dort festgeschriebenen Verpflichtungen aus. 

Das nun vorgestellte Rechtsgutachten ist zwar nicht bindend, könnte aber nach Ansicht von Experten Einfluss auf Klimaprozesse weltweit haben. Im Laufe des Verfahrens hatten Vertreter von 98 Staaten und zwölf Organisationen den Haager Richtern ihre Argumente präsentiert.