„In schwierigen Zeiten weitere Einschnitte verhindert“ : Budget der Berliner Hochschulen soll ab 2026 wieder anwachsen

Bei Berlins Hochschulen wird nach dem Sparjahr 2025 in den Folgejahren nicht weiter gekürzt. Das Land werde in den nächsten vier Jahren rund 6,8 Milliarden Euro über die Hochschulverträge zur Verfügung stellen, teilte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) am Mittwochabend mit.

Das ist das Ergebnis sechsmonatiger Verhandlungen zwischen Hochschulleitungen und der Wissenschaftsverwaltung. Die großen finanziellen Herausforderungen des Landes Berlins spürten leider auch die Hochschulen, sagte Czyborra auf einer Pressekonferenz am Abend. Sie sprach aber von „deutlichen Verbesserungen“, da weitere Einschnitte „in schwierigen Zeiten“ verhindert werden konnten. „Tatsächlich steigen die Mittel ab 2026 wieder“.

Es bleibt jedoch dabei: Vom Zuwachs von jährlich fünf Prozent mehr, auf den sich das Land 2024 noch vertraglich verpflichtet hatte, ist fortan keine Rede mehr. Das Sparjahr 2025 – hier bekommen die Hochschulen rund 140 Millionen Euro weniger als geplant – ist der Bezugspunkt für die kommenden Jahre. Auch Henry Marx, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, räumte am Abend ein: „2028 landen wir da, wo wir 2026 gelandet wären.“

Zumindest wurde der befürchtete absolute Kahlschlag zunächst abgewendet.

Sebastian Stietzel, Unternehmer und Präsident der IHK Berlin zu den geänderten Hochschulverträgen

Ein Grund für die Erleichterung im laufenden Jahr ist, dass das Land Berlin alle „Versorgungslasten“ der Hochschulen übernehmen wird. Dadurch werden 120 Millionen Euro frei, der Tagesspiegel berichtete bereits von dem Plan. Gemeint sind damit vor allem die Ausgaben für die Beamtenpensionen der Professorinnen und Professoren, für die es hohe Rücklagen braucht. In anderen Bundesländern ist es bereits üblich, dass diese nicht von den Unis getragen werden, sondern vom Landeskonto abgehen.

Zusätzlich konnten laut Czyborra noch einmal insgesamt 62 Millionen Euro zusätzlich im Etat der Berliner Hochschulen für die Jahre 2027 und 2028 ausgehandelt werden.

Sebastian Stietzel, Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer teilte zum Ergebnis am Donnerstag mit: „Wissenschaft ist der Motor des Berliner Wachstums, insofern ist es zu begrüßen, dass zumindest der befürchtete absolute Kahlschlag zunächst abgewendet wurde.“

Er kritisierte aber, dass der Transfer von Forschungsergebnissen in die Wirtschaft den Unis nicht „als dritte Säule neben Forschung und Lehre“ in die Verträge geschrieben worden sei. Man habe erneut die Chance verpasst, den ökonomisch relevanten Anteil zu stärken und strategisch zu unterstützen. Stietzel hatte zuletzt eindringlich vor einem Wirtschaftsschaden für Berlin durch die Kürzungen in der Wissenschaft gewarnt.

Von 170.000 Studienplätzen werden 14.000 abgebaut

Die am Mittwoch vorgestellten, angepassten Hochschulverträge werden im nächsten Schritt Anfang September in den Berliner Senat eingebracht, bevor eine Abstimmung im Abgeordnetenhaus folgt. Doch weil die 2024 geschlossenen Verträge keine Ausstiegsklausel enthalten und eigentlich bis 2028 gelten sollten, halten sich die Hochschulen bis heute offen, in der Sache gegen das Land zu klagen.

Das bekräftigte auch HU-Präsidentin Julia von Blumenthal, Sprecherin der Landeskonferenz der Präsidenten und Rektoren, am Mittwochabend. Die Spannung habe sich zwar etwas gelöst. Doch: „Die Klage ist dann vom Tisch, wenn alle rechtswirksam unterschrieben haben und Senat und Abgeordnetenhaus sich daran halten“, so von Blumenthal.

Wegen der 140 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2025 weniger sehen sich die Hochschulen gezwungen, ihr Studienangebot zu verkleinern. Zahlreiche Professuren werden gestrichen, bis zu 15 Prozent der Studienplätze werden gekürzt. Die Charité kündigt für 2026 an, in manchen Studiengängen sogar die Hälfte der Plätze zu streichen.

Wissenschaftssenatorin Czyborra sagte am Mittwochabend, dass geplant ist, von etwa 170.000 Plätzen rund 14 Prozent abzubauen. Man wolle schauen, wo es in Berlin ein „Überangebot“, sprich auch schlecht ausgelastete Fächer, gebe. Von Blumenthal wandte hierzu ein, um die Kürzungen zu realisieren, müsse man voraussichtlich aber „auch Studienplätze abbauen, wo wir bislang eine hohe Auslastung haben“.

TU-Präsidentin: Umschichtungen kommen „Nullsummenspiel“ gleich

Doch nicht jede Hochschule profitiert wohl gleichermaßen von den beschlossenen Änderungen im Wissenschaftsetat. So sagte TU-Präsidentin Geraldine Rauch im Akademischen Senat (AS) am Mittwoch, an ihrer Uni kämen die angedachten Umschichtungen einem „Nullsummenspiel“ gleich, für die TU sei das keine Erleichterung.

Mit vier Millionen Euro pro Jahr will Czyborra zudem die Förderprogramme der Einstein Stiftung Berlin „verstärken“. Deren Landeszuschüsse in Höhe von 24 Millionen Euro wurde im Jahr 2025 erst um vier Millionen gestutzt.

HU-Präsidentin Julia von Blumenthal behält sich weiterhin vor, gerichtlich gegen die Kürzungen vorzugehen: „Die Klage ist dann vom Tisch, wenn alle rechtswirksam unterschrieben haben und Senat und Abgeordnetenhaus daran halten.“

© dpa/Fabian Sommer

Eine Sprecherin der Einstein Stiftung teilte auf Nachfrage des Tagesspiegels nun mit: „Gemessen an 2025 erwarten wir einen Aufwuchs, können aber über die genaue Höhe noch nichts sagen.“ Anlass für die Wende sei die „wissenschaftspolitische Situation in den USA“. Die Mittel sollten den Berliner Unis bei der Internationalisierung helfen.

Auch wurde die länger geplante Gründung einer Hochschulbaugesellschaft bestätigt, von der sich das Land erhofft, dem Bau- und Sanierungsstau schneller nachzukommen. Dafür würden nun „die finanziellen Voraussetzungen“ geschaffen, schreibt die Wissenschaftsverwaltung. Diese soll Kredite aufnehmen, um die maroden Unigebäude Berlins zu sanieren und neue zu bauen.

Der Sparkurs hält an

Die Wissenschaftssenatorin muss nun hoffen, dass die Uni-Leitungen einwilligen, die wegen der Kürzungen angepassten Hochschulverträge zu unterzeichnen. Signale, ob die Leitungen dafür sind und von einer Klage absehen, erwarte der Senat zum Ende des Sommers, hieß es dazu in der Pressekonferenz. Von Blumenthal wies allerdings darauf hin, dass selbst, wenn ein Präsidium die Verträge unterzeichnen wolle, die Gremien einer Hochschule noch dagegen stimmen könnten. Es gelten die demokratischen Prozesse innerhalb der Hochschulen zu berücksichtigen.

Angekündigt wurde auch: Für die nächsten Hochschulverträge, die regulär ab 2029 gelten sollen, wird nun eine Expertenkommission geschaffen. Dazu erläuterte Marx, die Personalsuche dafür solle im Herbst starten, die Kommission im Idealfall „ab nächstem Jahr ihre Arbeit aufnehmen“. Berufen würden die Experten durch die Senatorin, bei der Aufstellung orientiere man sich an vergleichbaren Gremien.

Auch in anderen Bundesländern stehen Kürzungen in der Wissenschaft in Aussicht. So gab es Berichte, in Nordrhein-Westfalen sei für 2026 eine dauerhafte Absenkung der Grundfinanzierung geplant.

In Hessen sinkt das Gesamtbudget der 14 staatlichen Hochschulen im kommenden Jahr um 30 Millionen Euro. Zwar soll laut dem bis 2031 geltenden neuen Vertrag mit dem Land 2027 wieder das Budgetniveau von 2025 erreicht werden und danach leicht steigen. Trotzdem würde den Hochschulen dann aber wegen Kostensteigerungen real ein hoher dreistelliger Millionenbetrag fehlen, kritisierte der Sprecher der hessischen Universitätskonferenz Thomas Nauss gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen“.