Rosentauben und Schattenwölfe: Im Labor geboren, für die Wildnis bestimmt

Es klingt nach unüberwindbaren Gegensätzen: Gentechnik und Naturschutz. Aber glaubt man einem Biotech-Unternehmen und auch Forschenden, wird Gentechnik zur Rettung natürlicher Vielfalt eingesetzt werden.

Was wir durch Zerstörung von Lebensräumen, Übernutzung, Klimawandel und Umweltverschmutzung verlieren, Pflanzen und Tiere, aber auch ihre genetische Vielfalt, soll im Labor wieder zusammengestückelt werden. Und dann zurück in die Natur.

Um das langfristige Überleben bedrohter Arten zu sichern, halten wir es für unerlässlich, auch neue technologische Fortschritte zu nutzen.

Cock van Oosterhout, University of East Anglia

Dieses größte Versprechen – wiederzubringen, was einmal war – kann die Technologie nicht halten. Aber deswegen können wir nicht darauf verzichten, sie zu entwickeln. Denn wir werden sie voraussichtlich brauchen.

Wildwechsel

In dieser Kolumne beschreibt Patrick Eickemeier skurrile, andersartige, aber bisweilen sonderbar vertraute Verhaltensweisen von Tieren. Alle bisherigen Folgen sind hier zu finden.

Worum geht es? Eine wachsende Zahl bedrohter Arten hat einen großen Teil ihrer genetischen Vielfalt verloren – etwa, weil es nur noch eine Handvoll Individuen gibt. Das mindert auch ihre Fähigkeit, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.

In einem kürzlich veröffentlichten Artikel in „Nature Reviews Biodiversity“ argumentieren Forschende um Cock van Oosterhout von der University of East Anglia und Stephen Turner vom Unternehmen Colossal, dass DNA aus historischen Proben, wie aus Museumssammlungen und Biobanken oder auch von verwandten Arten, dazu verwendet werden kann, verlorene Vielfalt wiederherzustellen.

Colossal plant sogar, ganze Arten wie Schattenwölfe, Wollhaarmammuts oder Moas wiederzubeleben, aber das ist ein anderer Ansatz. Ergebnis der jetzt beschriebenen Versuche wären gentechnisch veränderte Exemplare einer bedrohten Art, die einige genetische Eigenschaften haben, die in der verbliebenen Population nicht mehr vorkommen.

Heute gibt es wieder 600 Rosentauben, aber ihre genetische Vielfalt und Anpassungsfähigkeit sind gering.

© Carl Jones

Mit dieser Ausstattung sollen sie in ihren Ökosystemen Aufgaben erfüllen, die keine andere Art übernimmt. Und sie könnten die Museums-Gene auf natürlichem Wege wieder in ihrer Population verbreiten.

„Um das langfristige Überleben bedrohter Arten zu sichern, halten wir es für unerlässlich, auch neue technologische Fortschritte zu nutzen“, sagt van Oosterhout. Es gebe Erfolge traditioneller Naturschutzansätze, wie Erhaltungszuchtprogramme und vor allem den besseren Schutz von Lebensräumen. Dadurch können dezimierte Populationen wieder wachsen – aber ihre genetische Vielfalt bleibt auf lange Sicht verloren.

Wenn es gelingt, die Ursachen zu beseitigen, die Arten an den Rand des Aussterbens gebracht haben, könnten besagte technologische Fortschritte ihnen zu ökologischen Comebacks verhelfen, auch wenn es sie zuvor so gentechnisch verändert nie gegeben hat. Wenn es um das Überleben dieser Arten – und nebenbei der Menschheit – geht, wäre dieser Unterscheidung aber spitzfindig. Wir könnten froh sein, dass wir sie noch haben.