Plant Donald Trump wirklich neue Atombombentests?
Plötzlich bibbert der Boden wie bei einem Erdbeben. Ein
Stück Wüste bäumt sich auf, nur um dann in einem Krater nach unten zu sacken.
Seismometer schlagen aus, aufgestellte Kameras kippen um, ein
Grollen füllt die Luft. Ein paar Sekunden später ist alles vorbei.
Bis zum 23. September 1992 war das in der Wüste Nevadas Alltag. Bis dahin testeten die USA hier, in einem Sperrgebiet von der Fläche Mallorcas, ihre Nuklearwaffen. Bis in die Sechzigerjahre ließ man sie einfach in der Wüste explodieren, sodass man den Atompilz teils noch im 100 Kilometer entfernten Las Vegas sehen konnte. Später brachte man die Massenvernichtungswaffen in Stollen unter der Erde zur Detonation.
Im Herbst 1992, nach mehr als 920 Explosionen auf der Nevada Test Site und rund 100 an anderen Orten, beschloss der US-Kongress: keine Kernwaffentests mehr. Allerdings mit einer Einschränkung. Sollte die Sowjetunion (oder einer ihrer Nachkömmlinge) solche Tests anordnen, dürfen auch die USA wieder die Bombe hochgehen lassen.
33 Jahre später wirkt es nun so, als wäre das nicht länger ein abstraktes Szenario. So jedenfalls deuten Medien weltweit einen Post von US-Präsident Donald Trump auf dessen Plattform Truth Social. Dort hatte Trump während seines Staatsbesuchs in China verkündet, die USA würden ab sofort wieder ihr nukleares Arsenal testen – in Reaktion auf entsprechende Programme in China und Russland.
Ist in Zukunft das Kriegsministerium zuständig?
Nun rätselt die Welt nicht nur darüber, wieso laut Trumps Post künftig nicht mehr das Energieministerium für Atomwaffen zuständig sein soll, sondern das jüngst in Kriegsministerium umbenannte Verteidigungsministerium. Die Frage ist natürlich auch, was auf diese Ankündigung konkret folgen wird. Wirklich neue Explosionen wie damals in Nevada, wie sie in den letzten Jahrzehnten mit Ausnahme von Nordkorea kein Land mehr durchgeführt hat? Oder doch vielleicht etwas anderes?
Neue unterirdische Detonationen, da sind sich Experten einig, sind zumindest denkbar. Die USA haben ihre Testfähigkeiten aus dem Kalten Krieg nie ganz abgebaut. Bis heute unterhalten sie für viele Milliarden Dollar drei riesige Kernwaffenlabore in Los Alamos, an den Sandia National Laboratories und am Lawrence Livermore National Laboratory. Dort simulieren Experten mit Supercomputern, dem größten Lasersystem sowie dem stärksten Röntgenstrahler der Welt die Abläufe bei Atomexplosionen.
Und auch das Sperrgelände in Nevada gibt es noch. Bis heute arbeiten Spezialisten dort unter Tage mit Atomsprengköpfen. Und laut einer Direktive der Regierung Clinton aus dem Jahr 1993 müssen sie sich dauerhaft bereithalten, einen davon zu Testzwecken auch wieder explodieren zu lassen.
Der Schlüssel zur Bombe
Vorher sind nur sogenannte subkritische Versuche erlaubt. Dabei beschießen Fachleute in einer Art Atomreaktor geringe Mengen Plutonium mit einem Strahl aus Neutronen. Das Plutonium wird dadurch gespalten und setzt dabei neben viel Energie neue Neutronen frei, die weitere Atomkerne spalten können, genau wie in einer Atombombe.
Allerdings, so eine Vorgabe aus dem von den USA unterzeichneten Kernwaffenteststopp-Vertrag des Jahres 1997, darf bei solchen Versuchen keine sich selbst erhaltende Kettenreaktion entstehen. Sie ist der Schlüssel zur Bombe. Denn darin läuft die nukleare Kettenreaktion derart schnell aus dem Ruder, dass binnen Sekundenbruchteilen Dutzende Kilogramm Plutonium zu einem Hunderte Millionen Grad heißen Feuerball verpuffen.
Subkritische Tests sind nicht wertlos, besonders dann nicht, wenn man, wie die USA, ein Arsenal von rund 3.700 Atomwaffen unterhält. "Solche Tests können etwa dabei helfen, das Altern von Sprengköpfen besser zu verstehen", sagt Moritz Kütt, Experte für nukleare Abrüstung und Professor an der Universität Hamburg. Aber noch aussagekräftiger für Kernwaffentechniker wäre, auch mal eine sich selbst erhaltende Kettenreaktion aufkommen zu lassen, wenn auch nur in einem kontrollierten Setting.
Bei solchen überkritischen Tests kommt es nur zu überschaubaren Explosionen. Genauso wie subkritische Tests lassen sie sich daher nicht aus der Ferne nachweisen. Stimmen aus dem US-Verteidigungssektor haben Russland und China in den vergangenen Jahren wiederholt vorgeworfen, heimlich solche Versuche durchzuführen. Diese sollen demnach entweder als Vorbereitung dafür dienen, neue Sprengköpfe zu entwickeln. Oder aber man will sichergehen, dass ältere Bomben auch nach Jahrzehnten der Lagerung noch funktionieren.