„Studierende kommen aus dem Praktikum mit Arbeitsvertrag in den Händen“: Berliner Hochschulen für Gesundheits- und Sozialberufe warnen vor Fachkräftemangel
Die kirchlichen Hochschulen in Berlin haben angesichts der vom Senat geplanten Einsparungen vor Einschnitten bei der Ausbildung dringend benötigter Fachkräfte gewarnt. Vertreter der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) und der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB) äußerten sich am Montagmorgen im Wissenschaftsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.
Sie bezifferten die Unterdeckung durch die Sparpläne auf 15 bis 25 Prozent in ihren Haushalten der beiden kommenden Jahre. Der Ausschuss beriet auf Antrag der Linken-Fraktion in einer Anhörung über „Perspektiven der konfessionellen Hochschulen“.
Nach den Worten von Präsidentin Gabriele Kuhn-Zuber bildet die katholische Hochschule mit 180 Beschäftigten derzeit 1300 Studierende aus. Die Personalkosten würden im Rahmen einer Erstattungsverordnung über die Senatsverwaltung refinanziert. Die Hochschule halte keine teuren Labors vor, 80 Prozent der Ausgaben entfielen auf Personal. Daher bestehe eine große finanzielle Abhängigkeit von der Refinanzierung der Kosten durch das Land.
Massive Einschnitte
Nach den ursprünglichen Plänen bedeuteten die Kürzungen ein Minus von 15 bis 17 Prozent in den Jahren 2026 und 2027, sagte Kuhn-Zuber. Damit drohe der Wegfall von drei Professuren und 40 Studienplätzen. Dies werde den Fachkräftemangel in sozialen Berufen verschärfen, warnte die Präsidentin der katholischen Hochschule.
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Für die Evangelische Hochschule sprach Präsident Sebastian Schröer-Werner von Unterdeckungen zwischen 18 und 23 Prozent in den kommenden Jahren.
Die Hochschule bilde aktuell etwa 1650 Studierende für die Berufsfelder Soziale Arbeit, Sozialwesen, Gesundheit-Pflege und Erziehung-Bildung aus. Die Personalkosten für 65 Lehrende und etwa 65 Verwaltungsmitarbeitende kämen im Wesentlichen vom Land, die Sachkosten trage die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.
Die EHB-Studiengänge würden anhaltend stark, teils wachsend nachgefragt, sagte Werner-Schröer mit Blick auf die Frage, wo man bei Sparzwang eventuell Studienplätze abbauen könnte. Denn sollte es bei den Kürzungen bleiben, drohe die Einstellung von Studiengängen.
Ausbildung für gesamte Gesellschaft
Zwar gebe es in der Religionspädagogik freie Plätze und man würde prüfen, den Studiengang als duales Studium, also parallel zu einer Ausbildung, anzubieten. Das würde aber keine Erleichterung im Haushalt bringen, denn die Religionspädagogik werde ohnehin von der Kirche getragen.
Zudem sei der Studiengang Berufspädagogik für Gesundheit und Pflege nicht ausgelastet. Man plane daher, diesen berufsbegleitenden Master für einen Jahrgang auszusetzen, so Werner-Schröer. Er betonte aber auch: „Gerade hier haben wir aber enormen Fachkräftebedarf.“ Bei allen Berufen, für die die EHB ausbildet, sei der Bedarf am Arbeitsmarkt groß. „Die Studierenden kommen aus dem Praktikum mit einem Arbeitsvertrag in den Händen“, sagte der EHB-Präsident, um den Bedarf zu veranschaulichen.
Die EHB ist nach eigener Darstellung eine der ältesten Ausbildungsstätten für soziale Berufe in Deutschland. Ihre Wurzeln gehen bis ins Jahr 1904 zurück. Ihre Absolventen arbeiteten nicht nur im kirchlichen Bereich, sondern auch bei freien Trägern oder im öffentlichen Dienst, betonte Schröer-Werner.
Wir hätten uns ein zeitigeres Zusammenkommen gewünscht.
EHB-Präsident Sebastian Schröer-Werner
Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) ordnete die geplanten Kürzungen in Relation zu den staatlichen Hochschulen ein. Diese trügen „einen erheblichen Teil der Last weg“. Insgesamt seien die notwendigen Kürzungen ein schwieriger Prozess, räumte Czyborra ein.
Ihr Staatssekretär Henry Marx (SPD) kündigte für Freitag weitere Gespräche mit den Vertretern der beiden kirchlichen Hochschulen an. Der Berliner Haushalt für 2026/27 soll bereits am Vortag vom Parlament verabschiedet werden. „Wir hätten uns ein zeitigeres Zusammenkommen gewünscht“, sagte EHB-Präsident Schröer-Werner an die Wissenschaftssenatorin gerichtet. Seit ihrer Ankündigung, es würde das Gespräch mit den beiden Hochschulen gesucht, seien fast 12 Monate vergangen.
Marx versicherte den kirchlichen Hochschulen, wie in der Vergangenheit würden den Einrichtungen die Personalkosten erstattet.
Vor Beginn der Sitzung hatten Studierende und Mitarbeitende beider Hochschulen vor dem Parlament demonstriert. (epd/evm)