Affen im Entdecker-Modus: Neugier weicht dem Kampf ums Überleben

Kreativität braucht Muße und das gilt offenbar nicht nur für Menschen, zeigt eine Studie an Orang-Utans. Im Zoo, wo sich die Menschenaffen nicht um Futter oder Feinde sorgen müssen, erkunden sie ihr Umfeld weitaus intensiver als wildlebende Artgenossen.

Im Fachjournal „Scientific Reports“ berichtet ein Forschungsteam jetzt, dass die Tiere Objekte demnach sowohl häufiger als auch ideenreicher untersuchen, etwa mithilfe von Werkzeugen oder gleich mehrere Dinge auf einmal.

Als Jungtiere seien sowohl in Gefangenschaft als auch in der Wildnis lebende Orang-Utans neugierig, aber nur die Tiere im Zoo setzten ihre Erkundungen bis ins Erwachsenenalter fort, erläutern die Forschenden um Isabelle Laumer vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie.

Erkunden fördert die geistige Entwicklung

Wahrscheinlich fehlt den wildlebenden Artgenossen schlichtweg Zeit, innere Ruhe und Energie für kreatives Erkunden: Nahrungssuche und ständige Wachsamkeit fordern zu viel Raum, vermuten die Forschenden. Die Umwelt beeinflusse also nicht nur die menschliche Entwicklung, sondern auch das Verhalten und die geistigen Fähigkeiten unserer nächsten Verwandten.

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Die Forschenden hatten Daten zu wild an der Forschungsstation Suaq Balimbing auf der Insel Sumatra und in Zoos in Deutschland und der Schweiz lebenden Sumatra-Orang-Utans (Pongo abelii) erfasst. Die insgesamt 51 Affen waren zwischen einem halben und 76 Jahren alt.

Die wildlebenden Tiere erkundeten Dinge aus der Natur wie Pflanzen, Rinde und Stöcke, während die Zootiere zudem eine große Auswahl an menschengemachtem Spielzeug zur Auswahl hatten: etwa Plastikspielzeug und stapelbare Objekte.

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Videoaufnahmen der Forschenden zeigen, wie kleine Orang-Utans mit Ästen experimentieren, sie anknabbern, biegen und zerbrechen und im Tierpark auch durch Gitterlöcher stecken. Utu aus dem Zoo Zürich erkundet eine Stoffbahn, Sari aus dem Zoo Leipzig stülpt sich einen Bogen nasses Papier über den Kopf.

Bei Säuglingen fördere das Erkunden von Dingen die kognitive und motorische Entwicklung, erläutern die Forschenden. Ähnliche Muster seien auch bei Tieren beobachtet worden. Die verstärkte Erkundungslust im Zoo könnte demnach die kognitive Flexibilität und die Problemlösungsfähigkeiten von Orang-Utans fördern. Ähnliche Analysen seien auch für andere in Gefangenschaft gehaltene Spezies denkbar.

Zottelwesen mit langer Kindheit

Orang-Utans gehören zu den Menschenaffen und sind eng mit dem Menschen verwandt. Der Suaq-Regenwald weist die weltweit größte Dichte an Orang-Utans auf, wie es von der dortigen Forschungsstation heißt. Suaq-Orang-Utans nutzen demnach verschiedene Werkzeuge, um an Fressbares zu gelangen, und bauen sich komplexe Schlafnester hoch oben in Bäumen – jeden Abend ein neues.

Der Sumatra-Orang-Utan ist eine von drei Orang-Utan-Arten und kommt ausschließlich auf der indonesischen Insel Sumatra vor. Dort bewohnt er der Umweltstiftung WWF zufolge Wälder im nördlichen Teil. Ursprünglich war die Art demnach auf ganz Sumatra verbreitet. Aufgrund großflächiger Rodungen zugunsten von Plantagen ging jedoch ein Großteil ihres Lebensraums verloren.

Besonders bei den einzelgängerisch und überwiegend vegetarisch lebenden Orang-Utans ist unter anderem die lange Kindheit: Jungtiere werden erst mit etwa sieben Jahren entwöhnt und leben dann häufig noch einige Zeit weiter in der Nähe der Mutter. (dpa)