Klimawandel wird junge Generation deutlich stärker betreffen

Extreme Wetterereignisse treten durch den Klimawandel immer öfter auf – und werden immer heftiger. Ein Team von Wissenschaftlern um Luke Grant von der Vrije Universiteit in Brüssel hat sich nun mit der Frage auseinandergesetzt, wie einzelne Menschen von solchen Wetterereignissen betroffen sind. Etwa 52 Prozent der heute rund Fünfjährigen werden demnach in ihrem Leben in beispielloser Weise Hitzewellen ausgesetzt sein – selbst, wenn die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau gehalten werden könnte. Bei Menschen des Jahrgangs 1960 beträgt der Anteil nur 16 Prozent.

In ihrer Studie verwendeten die Forschenden unter anderem Klimamodelle und demografische Daten, um die Anzahl der Menschen zu prognostizieren, die im Laufe ihres Lebens einer beispiellosen Belastung durch Extremereignisse ausgesetzt sind. Die Ergebnisse haben sie in dem Fachjournal Nature veröffentlicht.

Grant und Kollegen betrachteten dabei drei Szenarien, bei denen die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde im Jahr 2100 um 1,5 Grad, 2,5 Grad und 3,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erhöht ist. Sie modellierten, was die verschiedenen Szenarien für die Menschen unterschiedlicher Jahrgänge bedeuten. 

Beispiellose Belastung für 52 Prozent

Weltweit betrachtet werden demnach von den Menschen, die 2020 zur Welt gekommen sind, im 1,5-Grad-Szenario 52 Prozent (etwa 62 Millionen) in ihrem Leben einer beispiellosen Belastung durch Hitzewellen ausgesetzt sein. Beim 3,5-Grad-Szenario wären es sogar 92 Prozent (111 Millionen). 29 Prozent erlebten dann eine beispiellose Belastung durch Ernteausfälle und 14 Prozent durch Flussüberschwemmungen. Würden alle Zusagen zur Bekämpfung der Erderwärmung eingehalten, die Staaten im Zuge der Klimakonferenzen bisher gemacht haben, würde sich die Erde nach Forscherangaben bis 2100 um 2,7 Grad erwärmen.

Wenn stattdessen weitere Einsparungen bei Treibhausgasen die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Jahr 2100 drücken würden, würde 613 Millionen Menschen, die zwischen 2003 und 2020 geboren wurden, eine beispiellose Belastung durch Hitzewelle erspart. Im Hinblick auf Ernteausfälle wären es 98 Millionen Menschen, bei Flussüberschwemmungen 64 Millionen, bei tropischen Wirbelstürmen 76 Millionen, bei Dürren 26 Millionen und bei Waldbränden 17 Millionen Menschen. 

Globaler Süden besonders betroffen

"Unsere Ergebnisse mahnen eine umfassende und nachhaltige Reduzierung der Treibhausgasemissionen an, um die Belastung der heutigen jungen Generationen durch den Klimawandel zu verringern", schreiben die Studienautoren.

Als beispiellose Belastung durch Extremereignisse definiert das Team eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 1 zu 10.000, dass ein Mensch im Leben dieselbe Belastung durch die jeweiligen Extremereignisse in einer Welt ohne Klimawandel erleben würde. Die Autoren weisen auf gewisse Einschränkungen der Studie hin – etwa darauf, dass Faktoren wie Binnenmigration nicht berücksichtigt wurden.

Das Team um Grant fand auch Unterschiede zwischen Menschen in ärmeren und wohlhabenderen Staaten. Diesen Aspekt betonen Rosanna Gualdi und Raya Muttarak von der Università di Bologna in einem Kommentar, ebenfalls in Nature: "Bei einem Szenario mit einer Erwärmung von 2,7 Grad und der aktuellen Politik sind Menschen der sozioökonomisch am stärksten gefährdeten Gruppe – diejenigen mit hohem Armutsniveau und niedrigem Bruttoinlandsprodukt – Hitzewellen durchweg stärker ausgesetzt als andere Gruppen."