Zum Geigen geboren: Wie ein „Fehler“ ein Genie formte
Niccolò Paganini? So weit hat es der Erbonkel mit seinen jugendlichen Geigenspiel-Versuchen nie geschafft. Viel zu schwierig waren die Kompositionen des wohl besten Violinvirtuosen aller Zeiten.
Mit seinen langen, als „spinnenartig“ beschriebenen Fingern jagte der Künstler nicht nur mit atemberaubender Geschwindigkeit, 12 Noten pro Sekunde, über die Saiten. Seine Hand war so flexibel, dass er die Finger extrem weit spreizen und Tonfolgen und Lagenwechsel greifen konnte, wie sie für andere Geiger unerreichbar sind.
Der Erbonkel

© Lisa Rock für den Tagesspiegel
Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne des Wissenschaftsjournalisten und Genetikers Sascha Karberg.
Eines seiner Markenzeichen war das Zupfen der Saiten, das Pizzicato. Allerdings nicht mit der rechten, den Bogen führenden Hand, sondern mit der linken. Das heißt, einer der Finger der linken Hand griff den Ton, während ein anderer die Saite anschlug.
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Kein Wunder, dass er als „Teufelsgeiger“ galt. Zur Faszination und Begeisterung seines Publikums. Zumal sein fahler, weißer Teint, die große, schlaksige Statur und die beim Spielen merkwürdig verdrehte Körperhaltung den Eindruck verstärkten, etwas Ungewöhnlichem, Übernatürlichem beizuwohnen.
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© IMAGO/Gemini
Ganz falsch war das offenbar nicht: Paganini hatte, so diagnostizierten Experten posthum anhand von Bildern und Aufzeichnungen, eine Bindegewebsschwäche, eine Mutation in einem der Gene, die den Bauplan für Kollagen oder Fibrillin enthalten. Diese Proteine bilden Fasern, die Haut, Knorpel, Knochen und Sehnen zusammenhalten. Je nachdem, wie stark die Mutation die Fasern verändert, können Betroffene ihre Gelenke teilweise grotesk verbiegen und ihre mitunter auffallend durchscheinende Haut dehnen.
Zwar gibt es bislang keinen Beweis, etwa eine genetische Untersuchung seiner Überreste auf dem Friedhof La Villetta in Parma, dass Niccolò Paganini tatsächlich eine leichte Form dieses Marfan- oder Ehlers-Danlos-Syndroms hatte. Der Fall zeigt jedoch, dass Mutationen beileibe nicht immer nur negative Auswirkungen haben, sondern zu außergewöhnlichen, künstlerischen Leistungen beitragen können.
Der Umkehrschluss, dass auch der Erbonkel mit solch einer Mutation zum Virtuosen hätte werden können, ist allerdings nicht zulässig. Dazu fehlte es an weit mehr. Vor allem Geduld.
Der „Erbonkel“ – Geschichten rund um Gene, jedes Wochenende.