Welche Flugabwehrsysteme Israel vor iranischen Raketen schützen

Nach dem Angriff Israels am 13. Juni 2025 schießt der Iran täglich Raketen auf Tel Aviv und andere Städte in Israel. Um sich zu schützen, hat Israel schon seit Jahren ein Netz aus verschiedenen Flugabwehrsystemen aufgebaut. Beim Angriff des Iran im April 2024 hielt der Schutzschild noch zu 99 Prozent stand. Diesmal sind mehr iranische Raketen durchgekommen und haben bereits mehrere Menschen in Israel getötet. Warum das so ist und wie die israelischen Flugabwehrsysteme Arrow, David's Sling und Iron Dome funktionieren, lesen Sie hier.

Wie ist die Luftverteidigung grundsätzlich aufgebaut?

Israels Schutzschirm hat mehrere Schichten. Für jede Ebene kommen verschiedene Flugabwehrsysteme zum Einsatz. Sie unterscheiden sich vor allem darin, in welcher Distanz und Höhe sie feindliche Raketen oder Drohnen erfassen. Und wie weit ihre eigenen Abwehrgeschosse fliegen können. 

Was kann der sogenannte Iron Dome?

Der sogenannte Iron Dome (Eiserne Kuppel) ist das wohl bekannteste israelische Flugabwehrsystem. Es ist darauf ausgelegt, Raketen und andere Geschosse auf kurzer Distanz abzufangen. Eine Batterie des Luftverteidigungssystems kann dabei einen Radius von etwa sieben Kilometern abdecken. 

Ein Radargerät erfasst hierbei Geschosse wie Mörsergranaten und Kurzstreckenraketen. Ein Kontrollsystem errechnet daraufhin die zu erwartende Flugbahn und gibt die Daten direkt an einen passend platzierten Raketenwerfer weiter. Dieser startet eine oder mehrere Abfangraketen, die eine Reichweite von bis zu 70 Kilometern haben. Iron Dome ist damit die erste Schutzschicht im Abwehrschirm Israels. Nach Recherchen von CNN sind derzeit zehn Iron Dome-Raketenwerfer in Israel stationiert, sie und die Radaranlagen können flexibel auf einem Lkw neu positioniert werden.

Iron Dome kann außerdem erkennen, welche ankommenden Raketen wirklich eine Bedrohung sind. Wenn die Rakete zum Beispiel in einem unbewohnten Gebiet oder im Meer landet, wird sie nicht abgefangen. Das ist vor allem dann hilfreich, wenn Feinde besonders viele Raketen abfeuern, um das System zu überfordern.

Warum ist der Iron Dome so bedeutend für Israels Sicherheit?

Israel befindet sich in Konflikten mit mehreren Gruppierungen und Staaten im Nahen Osten. Während jedoch beispielsweise der Iran oder der Jemen – von wo aus die Huthi-Miliz agiert – etliche Flugstunden von israelischem Staatsgebiet entfernt ist, zielen auch Geschosse der Hamas, der Hisbollah, des Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) und anderer Terrororganisationen auf Israel.

Die meisten dieser Geschosse werden deshalb in grenznahen Gebieten abgefeuert – wie dem Gazastreifen, dem Südlibanon oder dem syrisch-israelischen Grenzgebiet. Zwischen dem Abschuss der Raketen oder Granaten und einem möglichen Einschlag auf israelischem Gebiet liegen dabei teilweise nur wenige Sekunden oder Minuten. Darum ist der Iron Dome mit seiner kurzen Reaktionszeit und Reichweite von großer Bedeutung für Israels Sicherheit.

In den Jahren seit dem Start des Systems kam es laut Angaben des israelischen Militärs mehrere Tausend Mal zum Einsatz. Dem Internationalen Institut für strategische Studien zufolge hat der Iron Dome eine Erfolgsquote von über 90 Prozent.

Welches System greift bei Raketen in größerer Entfernung?

Als Ergänzung zum Iron Dome greift die israelische Armee seit 2017 auch auf die sogenannte David's Sling (Schleuder Davids) zurück. Sie wird auch als "Magic Wand" (Zauberstab) bezeichnet. Das System kann größere ballistische Raketen sowie Marschflugkörper mit einer Reichweite bis zu 300 Kilometern ausschalten. Entsprechende Geschosse könnten beispielsweise aus Syrien oder von der Hisbollah im Libanon abgefeuert werden.

David's Sling nutzt zur Abwehr Stunner-Abfangraketen mit einer Reichweite von rund 25 Kilometern. Eine Abschussvorrichtung des Systems kann bis zu 16 Raketen aufnehmen. Laut US-Angaben reichen zwei Batterien des Systems, um die gesamte Fläche Israels abzudecken. David's Sling wurde von den USA mitentwickelt, die 2,4 Milliarden US-Dollar in das Projekt investierten.

Wann kommt das Arrow-System zum Einsatz?

Bereits ab 1986 konzipierte Israel ein Abwehrsystem, das auf Bedrohungen in noch größerer Ferne ausgerichtet ist. Ebenfalls in Kooperation mit den USA entstand so das Arrow-System (Pfeil) – der dritte Teil der israelischen Boden-Luft-Verteidigung. Es wurde ständig weiterentwickelt, aktuell sind Arrow 2 und Arrow 3 im Einsatz.

Das System kann Mittel- und Langstreckenraketen abfangen. Der Fokus liegt dabei besonders auf Raketen, die außerhalb der Erdatmosphäre fliegen. Entwickelt wurde Arrow in Zusammenarbeit mit Boeing und dem israelischen Luft- und Raumfahrtkonzern IAI. Die USA unterstützten Arrow mit insgesamt mehr als 4,5 Milliarden Dollar.

Laut Hersteller kann das System seine Abfangraketen inzwischen in Höhen von bis zu 100 Kilometern schießen und hat dabei eine Reichweite von 1.500 bis 2.400 Kilometern. Zum Vergleich: Irans Hauptstadt Teheran ist 1.600 Kilometer von Tel Aviv entfernt. Bei dem Arrow-System werden keine explodierenden Stoffe eingesetzt, sondern Ziele durch einen direkten Aufprall – einen sogenannten Hit-to-Kill – zerstört. So sollen die Risiken von Trümmerschäden minimiert werden.

Welche Systeme helfen noch bei der Luftverteidigung?

Die USA haben in der Region mehrere Luftverteidigungssysteme und Kriegsschiffe stationiert. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass die USA im aktuellen Krieg bereits dabei geholfen hat, iranische Raketen abzuschießen. Laut der Reuters-Quelle kam dabei ein System am Boden zu Einsatz. Dabei dürfte es sich um das sogenannte THAAD (Terminal High Altitude Area Defense)-System der USA gehandelt haben, das in Israel stationiert ist. Es fängt ballistische Kurz- und Mittelstreckenraketen in einer Höhe von bis zu 150 km ab. Das System umfasst laut dem Institute for National Security Studies in Tel Aviv ein leistungsstarkes Radar, das Ziele in einer Entfernung von bis zu 2.500-3.000 km erkennt und identifiziert, auch während der Startphase von Raketen.

In der Vergangenheit hat die USA auch Kampfjets und Schiffe bei der Abwehr von iranischen Raketen eingesetzt.

Ein neues, israelisches Abwehrsystem mit dem Namen Barak Magen wurde ebenfalls eingesetzt. Zum ersten Mal. Das System ist auf Raketenschiffen der israelischen Marine installiert und kann Drohnen und Marschflugkörper abwehren. Beim derzeitigen Angriff aus dem Iran hat Barak Magen laut der israelischen Armee acht Drohnen abgefangen. Die Schiffe vom Typ Saar-6 wurden vom deutschen Hersteller Thyssenkrupp Marine Systems geliefert. Israel hat die Boote dann selbst mit Radar- und Waffensystemen ausgestattet.

Die Schiffe sind laut Armeeangaben weiterhin in allen Einsatzgebieten gemeinsam mit der Luftwaffe stationiert und wirkten dabei "als strategischer Verstärker beim Schutz des israelischen Luftraums". Sie dürften derzeit laut Experten eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Welches Abwehrsystem kommt derzeit bei iranischen Raketen am häufigsten zum Einsatz?

Das Arrow-System ist aktuell das wichtigste Luftabwehrsystem für Israel. Das liegt an der Flugbahn der ballistischen Raketen aus dem Iran. Auch die USA dürfte mit den von ihnen bereitgestellten Systemen eine wichtige Hilfe sein, glauben Experten.

Der Iron Dome fängt nur kleinere Geschosse ab, aktuell also eher Trümmerteile von bereits vorher durch das Arrow-System abgeschossenen iranische Raketen.

Warum kommen iranische Raketen trotzdem durch und explodieren in Israel?

Das liegt vor allem an der großen Zahl der Raketen, die der Iran abfeuert. Das System kommt an seine Grenzen, einige Raketen können durch den Schutzschirm fliegen und schlagen ein. Experten sind sich außerdem einig: Es gibt nie einen 100-prozentigen Schutz. Dazu kommt, dass der Iran sehr schnell fliegende ballistische Raketen hat. Sie sind schwer abzufangen. Unklar ist noch, ob auch neue Raketentypen des Iran zum Einsatz kommen, die die Luftverteidigung umgehen können.

Gemessen an der Zahl der Raketen aus dem Iran (bisher 350 Stück laut Israels Militär, schreibt die Times of Israel), ist die Zahl der Einschläge in Israel noch relativ gering. Yehoshua Kalisky vom Institute for National Security Studies in Tel Aviv beziffert die Erfolgsrate der Abwehrsysteme in den ersten Angriffstagen auf 95 Prozent. 

Dass mehr Menschen in Israel getötet werden, liegt daran, dass der Iran seine Raketen gezielt auf Städte wie Tel Aviv feuert, wie Militärexperte Fabian Hinz im Interview mit erklärt. Bei vorherigen Angriffen hat der Iran militärische Ziele anvisiert. Wenn Raketen einschlugen, dann dort, wo wenig oder keine Menschen leben.  

Kann der israelischen Luftverteidigung die Munition ausgehen?

Laut Militärexperte Fabian Hinz könnte eine Strategie des Iran sein, "mit zahlreichen, andauernden Attacken die Munitionsvorräte der Verteidiger zu erschöpfen". Allerdings würden dann laut Hinz die USA einspringen und Nachschub liefern. 

Die Raketen für die Abwehrsysteme sind sehr teuer:

• Iron Dome: Eine Rakete kostet ca. 50.000 Dollar
• Arrow-Systeme: Kosten von bis zu 2 Millionen Dollar pro Rakete

Fraglich ist aber, ob der Iran über genug Raketen verfügt, um den hohen Takt aufrechtzuerhalten. 2022 schätzte die USA laut Hinz, dass der Iran rund 3.000 Raketen besitzt. Nicht alle würden bis nach Israel kommen, und Israel hat bereits bei vorherigen Angriffen Raketendepots zerstört. Bei den aktuellen Angriffen zielt die Armee bewusst auf Raketenbasen und Abschussvorrichtungen im Iran. "Große Angriffe von bis zu 100 oder 200 Raketen wird der Iran auf Dauer nicht aufrechterhalten können", glaubt Fabian Hinz.

Welche Entwicklungen plant Israel in Zukunft?

Israel hat ab den Sechzigerjahren eine zunehmend stärkere Flugabwehr aufgebaut und diese kontinuierlich entwickelt – beginnend mit dem US-System Hawk und gefolgt von dessen Nachfolger Patriot, der seit 1991 in Israel zum Einsatz kommt. Vor einigen Jahren hat Israel angekündigt, zusammen mit den USA an Arrow 4 zu arbeiten.

Vor wenigen Jahren hat Israel zudem den Iron Beam (Eiserner Strahl) vorgestellt – eine mögliche Ergänzung der bislang eingesetzten Systeme. Das Lasersystem kann nach US-Angaben Ziele wie Drohnen für etwa vier Dollar pro Einsatz neutralisieren. In Tests hat das System schon erfolgreich Drohnen ausgeschaltet. Bisher ist Iron Beam aber noch nicht einsatzbereit.

Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AP, Reuters.