EU-Kommission muss sich erneut Misstrauensvoten stellen

Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen muss sich Anfang Oktober im Europäischen Parlament der Abstimmung über zwei Misstrauensanträge stellen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa unterrichtete EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola die Abgeordneten darüber. Die Anträge stammen aus dem rechten und dem linken Lager.

Die Kritik in den von der rechten Fraktion Patrioten für Europa (PfE) und der Linkenfraktion eingebrachten Anträgen richtet sich demnach vor allem gegen die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Misstrauensanträge können aber nur gegen die gesamte EU-Kommission gestellt werden. Im Juli hatte das Gremium ein erstes Misstrauensvotum überstanden.

Linke wirft Kommission Schweigen zu Gaza vor

Im Antrag der Rechten wird unter anderem von der Leyens Klima- sowie Migrationspolitik kritisiert. Zudem werfen ihr die Abgeordneten Intransparenz und Zensur vor. 

Linken-Fraktionschef Martin Schirdewan kritisierte dagegen unter anderem das mit der US-Regierung abgeschlossene Zollabkommen. Dieses sei ein Angriff auf Europas Industrie und werde Tausende Arbeitsplätze vernichten, sagte er. Außerdem habe die Kommission angesichts der humanitären Katastrophe im Gazastreifen zu lange geschwiegen.

Von der Leyen werde bis Oktober viele Gespräche und Überzeugungsarbeit leisten müssen, wolle sie die Abstimmung politisch überstehen, sagte Schirdewan. Auch Politiker aus den Reihen der Sozialdemokraten und Grünen würden den Misstrauensantrag der Linken unterstützen. Dazu gibt es jedoch noch kaum Erkenntnisse.

Abwahl der Kommission ist unwahrscheinlich

Weil die Anträge jeweils von mindestens einem Zehntel der aktuell 719 Abgeordneten unterstützt werden, wird im Oktober darüber debattiert und abgestimmt. Sollte einer der Misstrauensanträge angenommen werden, müsste die EU-Kommission geschlossen zurücktreten.

Ein solches Szenario gilt allerdings als unwahrscheinlich, da es dafür die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und gleichzeitig die Mehrheit der Mitglieder des Parlaments bräuchte. Das wären mindestens 360, wenn alle Abgeordneten anwesend sind und ihre Stimmen abgeben sogar 480 Stimmen. Im Juli stimmten 360 Abgeordnete gegen den Antrag und 175 dafür.

Kritik aus anderen Fraktionen

Aus anderen Fraktionen kommt Kritik an den Misstrauensanträgen. Der Chef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, bezeichnete das Vorgehen als "unverantwortlich". Parteien von extrem links und rechts würden versuchen, innenpolitische Konflikte auf dem Rücken der EU-Stabilität auszutragen. Alle Demokraten müssten sich klar diesen extremistischen Spielchen entgegenstellen.

Die SPD werde den inflationären Gebrauch des Misstrauensvotums nicht stützen, sagte René Repasi, der Chef der Europa-SPD. Von der Leyen habe in ihrer Rede im September klargemacht, dass sie den Ernst der Lage verstanden habe. Jetzt müsse sie die Zeit bekommen, um zu zeigen, dass sie auch liefere.

Die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Terry Reintke, teilte mit, dass in der aktuellen geopolitischen Krisensituation eine zusätzliche institutionelle Krise die europäische Einheit untergrabe.