Unschuldige Exoten: Eingeschleppt, nicht einmarschiert

Sie krabbeln, schwirren, schwimmen und wuchern schier überall: Sumpfkrebse, Tigermücken, Rotfeuerfische und ein gefürchteter Staudenknöterich. Und scheinbar kennen sie nur eine Richtung: Voran!

Doch dieser Eindruck beruht weniger auf einer militärisch aggressiven Grundgesinnung von Waschbären und Wasserhyazinthen als vielmehr auf sprachlicher Bequemlichkeit. Aus „invasiv“ und „Invasion“ im wissenschaftlichen Sinn wird in der breiteren Berichterstattung oftmals die Invasion im kriegerischen Sinn: der „Vormarsch“. Und schon sehen wir uns einem Angriff ausgesetzt, der eigentlich keiner ist. Und man darf fragen, ob wir angemessen reagieren.

Da sind zunächst einmal die vielen Arten von Pflanzen und Tieren, die zwar mit menschlicher Hilfe in neuen Lebensräumen Fuß fassen, aber keine dort bereits heimischen Arten verdrängen und eigentlich nur die Vielfalt vor Ort bereichern – um sich selbst. Diese Arten sind vielleicht Exoten, wenn sie von weither eingeschleppt wurden, aber nicht „invasiv“.

Wildwechsel

In dieser Kolumne beschreibt Patrick Eickemeier skurrile, andersartige, aber bisweilen sonderbar vertraute Verhaltensweisen von Tieren. Alle bisherigen Folgen sind hier zu finden.

Im Naturschutz ist dieser Begriff Pflanzen und Tieren vorbehalten, die unerwünschte Auswirkungen auf andere Arten, Lebensgemeinschaften oder Biotope haben – zum Beispiel Riffe leerfressen, wie Pazifische und Indische Rotfeuerfische im Atlantik, oder Vogelnester ausnehmen, wie amerikanische Waschbären in Europa.

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Waschbären ernähren sich vielseitig und kommen auch in europäischen Wäldern gut klar.

© imago images/STAR-MEDIA

Am Anfang der unheilvollen Wirkungskette stehen aber immer menschliche Aktivitäten: Ballastwasser etwa, das von Schiffen in einem Weltmeer entnommen und in einem anderen wieder abgelassen wird, samt tierischer Passagiere. Aber auch gezielte Besatzaktionen mit exotischen Gartenpflanzen. Und am Ende, wenn sich Arten als invasiv erweisen, ist das schwer rückgängig zu machen – in Europa wohl am ehesten auf Inseln wie den Kanaren oder Azoren.

Andernorts kommt es vor allem auf bessere Vorsorge an, zum Beispiel besserer Handelskontrollen und allgemein zugänglicher Informationen über das Risiko. Die aktuelle Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade, die jetzt als Krankheitsüberträger Kartoffelernten gefährdet, zeigt: wenn wir nicht besser aufpassen, schaffen wir uns noch mehr Probleme.